Pareto, Modulplanung & Power-Fokus – So lernst du laut Experten wirklich effizient im Fernstudium
Fernstudium verspricht maximale Flexibilität – aber genau darin liegt auch seine größte Herausforderung: Ohne feste Stundenpläne, Präsenzpflichten oder direkte Lernbegleitung braucht es eigene Strukturen, um erfolgreich zu lernen. In dieser Zusammenstellung teilen vier Experten und Expertinnen ihre erprobten Strategien: von der Bedeutung des Langzeitgedächtnisses über das Pareto-Prinzip bis hin zu konkreten Tipps für Lernumgebung, Prüfungsfokus und Motivation. Der Artikel vereint ihre Ansätze zu einem praxisnahen Leitfaden für alle, die im Fernstudium nicht nur lernen, sondern effizient lernen wollen.
Inhalt
Lernpsychologie verstehen: Bedeutung statt Auswendiglernen
Effizientes Lernen im Fernstudium beginnt mit einem grundlegenden Verständnis der eigenen Gedächtnisprozesse. Gabriel Gorbach, Lerncoach und mehrfacher Podcast-Gast, erklärt: „Das Langzeitgedächtnis ist ein semantischer Speicher – es speichert Informationen anhand ihrer Bedeutung.“
Das bedeutet: Informationen, die als bedeutungsvoll empfunden werden, verankern sich leichter. Reines Auswendiglernen, wie man es oft noch aus der Schulzeit kennt, ist laut Gorbach im Fernstudium wenig hilfreich.
Die aus der Schule bewährten Strategien – ich lern’s auswendig – das ist nicht so richtig gut im Fernstudium.
Gerade wenn Inhalte komplex oder abstrakt sind, müsse man gezielt Bedeutung konstruieren. Gorbach rät dazu, schwierige Begriffe in Geschichten einzubetten oder durch visuelle Hilfen mit Sinn aufzuladen: „Wenn man eben Vokabeln lernen muss, muss man schaffen, ihnen eine Bedeutung zu geben – beispielsweise, indem man sie in eine Geschichte einbettet.“
Aber er bleibt realistisch: Nicht jede Methode passt zu jedem Inhalt. Bei fachspezifischen Textmassen, etwa im juristischen oder sozialwissenschaftlichen Studium, sei der praktische Nutzen solcher Techniken begrenzt: „Das ist in vielen Fällen nicht wirklich anwendbar – da geht’s häufig darum, möglichst viel Text zu lernen.“
Die Quintessenz: Lernen im Fernstudium ist dann erfolgreich, wenn Inhalte verstanden und bedeutungsvoll verknüpft werden. Das erfordert aktives Nachdenken, nicht bloßes Wiederholen. Wer sein Langzeitgedächtnis bewusst nutzt, spart sich stundenlanges Pauken – und lernt nachhaltiger.
Das Pareto-Prinzip: Mehr erreichen mit weniger Aufwand
Einer der wirkungsvollsten Ansätze im Video ist das Pareto-Prinzip – ein Konzept, das im Fernstudium wahre Wunder wirken kann. Tim Reichel, Gründer von „StudienScheiß“ und Autor, erklärt es so: „20 % deines Inputs sind für 80 % deines Outputs verantwortlich.“
Was bedeutet das konkret für dein Studium? Nicht alle Aufgaben und Lerninhalte sind gleich wertvoll. Ein kleiner Teil deiner Arbeit – z. B. die wichtigsten Grundlagen oder prüfungsrelevanten Themen – bringt den größten Effekt für deine Note. Die Kunst liegt darin, diese 20 % zu identifizieren. „Wenn man das einmal verstanden hat, kann man viel geschickter Prioritäten setzen.“
Das Pareto-Prinzip liefert nicht nur eine Arbeitshypothese, sondern auch eine praktische Entscheidungshilfe. Reichel empfiehlt, sich bei jeder Aufgabe zu fragen: „Hat diese Aufgabe einen überdurchschnittlichen Einfluss auf den späteren Erfolg?“
Diese Denkweise hilft auch dabei, sich nicht in Kleinkram zu verlieren. Statt fünf Stunden ineffektiv zu pauken, könne man mit einer Stunde gezielter Arbeit mehr erreichen – vorausgesetzt, man wendet sie auf die richtigen Inhalte an.
Interessanterweise kann das Pareto-Prinzip sogar gegen übersteigerten Perfektionismus helfen. Reichel weist darauf hin: „Das Prinzip hilft dir, unnötigen Perfektionismus zu brechen – indem du dich fragst: Bringt mir diese Aufgabe wirklich was?“
Dennoch räumt er ein, dass nicht jede Aufgabe „pareto-tauglich“ ist. In Berufen mit hoher Verantwortung – etwa in der Medizin oder im Ingenieurwesen – sei 100 % Qualität nicht verhandelbar. Aber im Studium kann ein kluger Umgang mit Ressourcen den Unterschied machen.
Das Pareto-Prinzip gibt dir beim Prioritätensetzen einen unfairen Vorteil.
Sein Tipp: Wer im Studium schnell und gezielt ans Ziel kommen will, muss nicht mehr machen – sondern das Richtige machen.
Power-Fokus durch die 5-Minuten-Regel & Lernroutinen
Wer kennt es nicht? Der Berg an Lernstoff ist hoch, die Motivation tief – und plötzlich ist wieder eine Stunde vergangen, ohne dass man angefangen hat. Genau hier setzt die sogenannte 5-Minuten-Regel an, die im Video als wirksames Werkzeug gegen Prokrastination vorgestellt wird.
Tim Reichel erklärt die Methode einfach und direkt: „Ich setze mich hin und sage: Ich mache das jetzt fünf Minuten. Danach darf ich aufhören.“
Diese Regel ist kein Trick, sondern ein psychologisches Prinzip: Der schwierigste Teil beim Lernen ist oft der Anfang. Indem man sich selbst nur eine kurze Anfangszeit vorgibt, überwindet man die mentale Hürde des „Ich muss jetzt ewig lernen“.
Laut Reichel funktioniert das bei fast allen Menschen – er spricht sogar davon, dass in 99 % der Fälle das Gehirn danach „im Flow“ bleibt und freiwillig weitermacht. Denn wer erst einmal sitzt, Materialien geöffnet hat und die ersten Schritte gemacht hat, kommt oft automatisch in den Arbeitsmodus.
Aber Fokus entsteht nicht nur durch kleine Einstiege – sondern auch durch eine passende Lernumgebung. Manuela Gnann rät, sich ein klares Ritual und einen ordentlichen Schreibtisch zu schaffen:
Ich würde darauf achten, dass der Schreibtisch frei ist von anderen Sachen – sonst ist man gedanklich woanders.
Kleine Routinen wie ein aufgeräumter Platz, ein Getränk bereitstellen oder ein „Bitte nicht stören“-Schild an der Tür signalisieren dem Gehirn: Jetzt ist Lernzeit. Auch das bewusste Abschließen der Lerneinheit – etwa durch Aufräumen oder ein kleines Ritual – schafft Struktur und emotionale Klarheit.
In Kombination sorgen Mini-Zeitfenster und Lernroutinen für maximalen Fokus mit minimaler Anlaufzeit – ein echter Gamechanger im Alltag von Fernstudierenden.
Strategisch durch Module & Skripte navigieren
Effizientes Lernen im Fernstudium beginnt mit einer einfachen, aber oft übersehenen Frage: Was muss ich wirklich können – und wie gut? Genau hier setzt Julia Simon an, die betont, wie wichtig es ist, sich gezielt auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Einstieg in ein Modul sollte immer mit einem genauen Blick in den Modulplan beginnen.
Ich schau mir erstmal an: Was ist hier überhaupt wichtig? Was soll ich können – und in welcher Intensität?
Diese Herangehensweise hilft nicht nur bei der Lernplanung, sondern schützt auch davor, sich mit Randthemen zu verzetteln. Besonders Modelle, Fachbegriffe oder Rechenmethoden, die dort explizit genannt sind, sieht Julia als besonders prüfungsrelevant an. Ihre Empfehlung: Diese Inhalte unbedingt beherrschen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie abgefragt werden, ist hoch.
Ein weiterer Kernpunkt von Julia ist die Rolle der Grundlagen. Sie nennt sie eine „sichere Bank“, weil sie in jeder Prüfung wiederkehren können – unabhängig von der genauen Fragestellung. „Wenn ich die Grundlagen wirklich von vorne bis hinten beherrsche, kann nicht so viel schiefgehen.“
Auch die Lernfragen in den Skripten sieht sie als effektives Werkzeug: Sie helfen, den eigenen Wissensstand zu überprüfen, gezielte Karteikarten zu erstellen oder mögliche Schwerpunkte für Prüfungen zu erkennen.
Statt auswendig zu lernen, geht es Julia darum, Inhalte wirklich zu verstehen und sich systematisch auf die Prüfungsformate vorzubereiten. Wer dabei früh beginnt, klug auswählt und konsequent priorisiert, spart nicht nur Zeit, sondern lernt auch nachhaltiger.
Fazit und Takeaways
Effizientes Lernen im Fernstudium ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis kluger Entscheidungen, realistischer Planung und individueller Methoden. Die im Video versammelten Expert:innen – Gabriel Gorbach, Tim Reichel, Manuela Gnann und Julia Simon – liefern praktische Einsichten, wie Lernen nicht nur effektiver, sondern auch nachhaltiger gelingen kann.
Ein zentrales Prinzip zieht sich durch alle Beiträge: Verstehen statt Auswendiglernen. Wer Informationen mit Bedeutung verknüpft, sie aktiv anwendet oder anderen erklärt, lernt langfristig besser – das Langzeitgedächtnis funktioniert semantisch, nicht mechanisch. Gabriel Gorbach macht klar: Bedeutung schafft Erinnerbarkeit.
- Verstehen schlägt Auswendiglernen: Gabriel Gorbach betont, dass das Langzeitgedächtnis semantisch funktioniert. Informationen bleiben besser im Gedächtnis, wenn sie sinnvoll verknüpft sind.
- Bedeutung schafft Erinnerbarkeit: Wer Inhalte in Geschichten einbettet oder ihnen durch Eselsbrücken eine Bedeutung gibt, lernt nachhaltiger.
- Fokus auf das Wesentliche mit dem Pareto-Prinzip: Tim Reichel empfiehlt, gezielt die 20 % der Aufgaben zu identifizieren, die 80 % des Erfolgs bringen – statt sich in Details zu verlieren.
- Einfach anfangen mit der 5-Minuten-Regel: Kleine Zeiteinheiten helfen, Prokrastination zu überwinden und in den Lernfluss zu kommen.
- Lernumgebung beeinflusst die Konzentration: Manuela Gnann zeigt, wie Rituale, ein aufgeräumter Arbeitsplatz und klare Signale („Bitte nicht stören“) zu mehr Fokus führen.
- Strategisch lernen mit dem Modulplan: Julia Simon rät, sich auf prüfungsrelevante Inhalte zu konzentrieren und die Grundlagen sicher zu beherrschen.
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