Produktivität & Selbstorganisation

Zeitmanagement im Fernstudium: Deshalb versagen klassische Methoden & diese Alternativen gibt es

Ein berufsbegleitendes Studium stellt besondere Anforderungen an das Zeitmanagement. Neben dem Job müssen Lernzeiten organisiert, Prüfungen vorbereitet und der Alltag strukturiert werden – oft ohne feste Vorgaben oder klare Zeitfenster. Viele greifen dabei auf bekannte Methoden wie das Eisenhower-Prinzip, die ALPEN-Methode oder die Pomodoro-Technik zurück, um produktiver zu arbeiten. Doch diese klassischen Modelle sind meist für andere Kontexte entwickelt worden und erweisen sich in der Praxis oft als unpraktikabel. Patricia Findel, Expertin für berufsbegleitendes Studieren, betont: „Starre Methoden funktionieren nicht, wenn sich der Alltag ständig ändert. Viel wichtiger ist es, ein System zu finden, das flexibel und alltagstauglich ist.“ Wir zeigen hier, warum traditionelle Zeitmanagement-Ansätze oft scheitern und welche Alternativen sich besser für ein Fernstudium eignen.

Warum klassische Methoden scheitern

Zeitmanagement ist eine der größten Herausforderungen für berufsbegleitende Studierende. Neben der Arbeit müssen Lernzeiten organisiert, Deadlines eingehalten und der Alltag strukturiert werden. Viele greifen dabei auf bewährte Zeitmanagement-Methoden zurück, die in Ratgebern und meist auch von den Hochschulen empfohlen werden. Doch genau hier liegt das Problem: Diese Methoden wurden für andere Kontexte entwickelt – für Manager, Büroangestellte oder Selbstständige mit flexibler Arbeitszeit. Für Studierende, die neben dem Beruf lernen, sind sie oft nicht praktikabel.

Expertin Patricia Findel, die sich intensiv mit Zeitmanagement im Studium beschäftigt, kritisiert vor allem die Starrheit vieler Methoden. Sie erklärt: „Als berufsbegleitender Studierender hast du gar nicht die Möglichkeit, noch mehr in deinen Tag zu packen. Wenn du versuchst, jede Stunde durchzuplanen, kannst du fast darauf warten, dass es nicht funktioniert.“ Spontane Überstunden, familiäre Verpflichtungen oder Erschöpfung nach einem langen Arbeitstag machen es schwer, sich strikt an einen Zeitplan zu halten. Wer dennoch versucht, ein starres System einzuhalten, riskiert Frustration und Demotivation.

Ein weiteres Problem vieler Methoden ist ihr hoher Verwaltungsaufwand. Aufgabenlisten schreiben, Prioritäten setzen, Abläufe planen – das klingt effizient, kostet aber Zeit und Energie, die besser direkt ins Lernen fließen könnte. Patricia Findel betont: „Wenn du erst einmal viel Zeit investieren musst, um deine Zeit zu managen, läuft etwas schief.“ Zeitmanagement sollte Dich unterstützen und nicht zur zusätzlichen Belastung werden.

Dazu kommt, dass klassische Methoden oft nur kurzfristig funktionieren, aber nicht auf die Dauer eines Fernstudiums ausgelegt sind. Ein Studium dauert mehrere Jahre, und wer sich mit einem überambitionierten System überfordert, verliert schnell die Motivation. Stattdessen braucht es eine flexible, individuelle Herangehensweise, die sich an den eigenen Alltag anpasst.

Diese klassischen Methoden sind eher ungeeignet fürs Fernstudium

Klassische Zeitmanagement-Methoden wie das Eisenhower-Prinzip, die ALPEN-Methode, die Pomodoro-Technik, „Eat the Frog“ und das Pareto-Prinzip gelten als bewährte Werkzeuge, um Aufgaben effizient zu bewältigen. Doch für berufsbegleitende Studierende sind sie nur bedingt geeignet. Viele dieser Methoden wurden für den Büroalltag oder das klassische Studium mit festen Vorlesungszeiten entwickelt. Sie setzen voraus, dass der Tagesablauf planbar ist, dass sich Lernaufgaben klar priorisieren lassen und dass die verfügbare Zeit konsequent genutzt werden kann. Die Realität im Fernstudium sieht jedoch oft anders aus.

  • Das Eisenhower-Prinzip hilft dabei, Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit in vier Kategorien einzuteilen. Doch im Studium ist fast alles wichtig und dringlich – Klausurvorbereitungen, Hausarbeiten, Pflichtlektüre. Gerade berufsbegleitende Studierende haben oft nicht die Freiheit, Aufgaben langfristig nach Dringlichkeit zu sortieren, weil sich Prioritäten ständig durch spontane Verpflichtungen im Job oder Privatleben verschieben.
  • Die ALPEN-Methode, die eine tägliche Planung mit Aufgabenlisten, geschätzten Zeiträumen und festen Pufferzeiten vorsieht, setzt voraus, dass der Alltag weitgehend vorhersehbar ist. Doch im Fernstudium entstehen oft unerwartete Lücken zum Lernen, während geplante Lernzeiten kurzfristig ausfallen können. Wer jede Woche eine neue Planung erstellt, stellt schnell fest, dass sich Pläne nicht immer umsetzen lassen – und verbringt am Ende mehr Zeit mit der Organisation als mit dem eigentlichen Lernen.
  • Die Pomodoro-Technik, die auf kurzen, fokussierten Lerneinheiten von 25 Minuten mit festen Pausen basiert, kann sich für einfache Aufgaben eignen. Doch wenn es darum geht, sich in komplexe Themen einzuarbeiten, können regelmäßige Pausen den Fokus eher stören als fördern. Gerade nach einem langen Arbeitstag dauert es ohnehin länger, sich in ein Thema einzufinden – häufige Unterbrechungen können diesen Prozess erschweren.
  • Die Methode „Eat the Frog“, die empfiehlt, unangenehme oder schwierige Aufgaben direkt zu Beginn des Tages zu erledigen, funktioniert im Büroalltag gut. Doch für berufsbegleitende Studierende ist der schwierigste „Frosch“ oft das Lernen nach der Arbeit. Der Ansatz kann in diesem Fall demotivierend wirken, da sich der anstrengendste Teil des Tages immer wieder verzögert. Sinnvoller ist es, mit Aufgaben zu beginnen, die leichter fallen und dabei helfen, in den Lernmodus zu kommen.
  • Das oft zitierte Pareto-Prinzip, nach dem 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Aufwands erzielt werden, kann theoretisch dabei helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Doch im Studium gibt es viele Inhalte, die sich nicht einfach ignorieren lassen, weil sie prüfungsrelevant sind. Außerdem ist nicht immer vorhersehbar, welche 20 % des Stoffs den größten Nutzen bringen. Eine rein auf Effizienz ausgerichtete Strategie kann dazu führen, dass wichtige Inhalte zu oberflächlich behandelt werden.

Patricia Findel bringt es auf den Punkt: „Die meisten dieser Methoden gehen davon aus, dass sich Aufgaben sauber priorisieren und effizient abarbeiten lassen. Doch das berufsbegleitende Studium erfordert vor allem Flexibilität – starre Systeme helfen da wenig.“ Statt sich auf vorgefertigte Zeitmanagement-Modelle zu verlassen, ist es sinnvoller, individuelle Strategien zu entwickeln, die sich dem eigenen Alltag anpassen lassen.

Das sind die Alternativen zu den klassischen Methoden

Zeit lässt sich nicht managen – sie vergeht unabhängig von unseren Plänen. Stattdessen kommt es darauf an, wie wir unsere Aufgaben anpassen und Prioritäten setzen.

Anstatt sich an starre Zeitmanagement-Methoden zu klammern, die für das berufsbegleitende Studium oft nicht geeignet sind, lohnt es sich, flexiblere und individuell anpassbare Strategien zu nutzen. Der Fokus sollte darauf liegen, ein System zu entwickeln, das langfristig funktioniert und sich dem eigenen Alltag anpasst – nicht umgekehrt.

Eine effektive Herangehensweise ist es, Lernroutinen aufzubauen, die möglichst wenig Willenskraft erfordern. Anstatt sich vorzunehmen, jeden Tag anderthalb Stunden zu lernen, kann es sinnvoller sein, sich das Ziel zu setzen, täglich fünf Minuten mit dem Studium zu verbringen. Der Einstieg ist der schwierigste Teil – sobald er geschafft ist, dauert die Lerneinheit meist ohnehin länger. Die Hürde, sich an den Schreibtisch zu setzen, wird dadurch gesenkt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Integration des Studiums in den Alltag, anstatt es als separate Aufgabe zu betrachten. Das kann bedeuten, Podcasts oder Online-Vorlesungen auf dem Weg zur Arbeit zu hören, Karteikarten unterwegs zu wiederholen oder sich gezielt kurze Lerneinheiten in freien Zeitfenstern zu schaffen. Diese „Mikro-Lernphasen“ helfen dabei, kontinuierlich Wissen aufzubauen, ohne dass lange, fest eingeplante Lernzeiten nötig sind.

Auch die Lernumgebung spielt eine zentrale Rolle. Wer jedes Mal erst seine Unterlagen zusammensuchen muss, verliert wertvolle Zeit. Es hilft, eine feste Lern-Ecke zu schaffen oder eine Box mit allen benötigten Materialien bereitzuhalten, sodass das Lernen jederzeit ohne großen Aufwand starten kann.

Genauso wichtig ist es, klare Prioritäten zu setzen und bewusst Nein zu sagen. Gerade im Fernstudium, wo Zeit ohnehin knapp ist, lohnt es sich, unnötige Verpflichtungen kritisch zu hinterfragen. Jeder Moment, der für Meetings, private Verpflichtungen oder unproduktive Tätigkeiten reserviert wird, fehlt am Ende für das Studium. Patricia Findel empfiehlt daher: „Jedes Mal, wenn du Ja zu etwas sagst, frage dich, ob du damit Nein zu dir selbst sagst. Lerne, deine Zeit zu verteidigen.“

Schließlich ist es sinnvoll, flexible Wochenpläne anstelle fester Tagespläne zu nutzen. Wer sich für eine Woche ein realistisches Lernziel setzt, kann je nach Energielevel und Verfügbarkeit entscheiden, wann es umgesetzt wird. Ein starrer Tagesplan führt oft nur dazu, dass er durch spontane Ereignisse hinfällig wird – ein Wochenziel bietet dagegen die nötige Flexibilität.

Zusammengefasst bedeutet erfolgreiches Zeitmanagement im Fernstudium, sich von komplizierten Methoden zu lösen und stattdessen ein System zu schaffen, das langfristig funktioniert. Es geht nicht darum, jede Minute perfekt zu verplanen, sondern darum, Lernzeiten so zu gestalten, dass sie sich in den individuellen Alltag integrieren lassen und langfristig umsetzbar sind.

Fazit

Ein effektives Zeitmanagement im Fernstudium bedeutet nicht, strikte Methoden zu befolgen, sondern flexible Strategien zu entwickeln, die sich dem eigenen Alltag anpassen. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

  • Klassische Methoden sind oft zu starr: Sie setzen voraus, dass sich Lernzeiten exakt planen lassen – was im berufsbegleitenden Studium selten realistisch ist.
  • Prioritäten managen ist wichtiger als starre Planung: Das Eisenhower-Prinzip oder die ALPEN-Methode helfen wenig, wenn sich Prioritäten ständig verschieben. Ein flexibler Wochenplan ist oft sinnvoller als ein detaillierter Tagesplan.
  • Lernen sollte sich in den Alltag integrieren: Podcasts unterwegs hören, Karteikarten nutzen oder Mikro-Lerneinheiten einbauen – kleine Routinen sind oft nachhaltiger als lange Lernsessions.
  • Eine feste Lernumgebung erleichtert den Einstieg: Wer alle Materialien griffbereit hat, spart Zeit und reduziert die Hürde, überhaupt anzufangen.
  • Nein sagen ist essenziell: Jede Verpflichtung kostet Zeit – wer sich bewusst gegen unnötige Ablenkungen entscheidet, schafft mehr Raum für Studium und Erholung.
  • Motivation durch kleine Erfolge steigern: Lieber täglich fünf Minuten lernen als unrealistische Ziele setzen und frustriert aufgeben. Regelmäßige kleine Fortschritte führen langfristig zum Erfolg.

Patricia Findel fasst es treffend zusammen: „Erfolgreiches Zeitmanagement bedeutet nicht, mehr Aufgaben in den Tag zu pressen – sondern smarter zu planen und das Lernen nachhaltig in den Alltag einzubinden.“ Wer diese Prinzipien verinnerlicht, wird sein Studium nicht nur effizienter, sondern auch entspannter bewältigen.

👉 Hier geht es zu unserem Podcast mit Patricia: Zeitmanagement-Methoden eignen sich nicht fürs Fernstudium? – Patricia Findel im Interview

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