Abitur nachholen am ILS – meine Erfahrungen
Als ich die Hochschulreife beim Institut für Lernsysteme nachgeholt habe, habe ich einige Erfahrungen gemacht – manche positiv, einige negativ –, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Bitte beachtet allerdings, dass ich meinen Abschluss vor drei Jahren gemacht habe, es kann sich also inzwischen durchaus das eine oder andere geändert haben.
Inhalt
Jede Menge Studienhefte auf einen Schlag
Ich hatte Französisch als zweite Fremdsprache gewählt. Als das erste Paket eintraf, war ich auf den ersten Blick schon einmal fast erschlagen, denn man bekam gleich die Studienhefte für die ersten sechs Monate geschickt. Und das waren eine ganze Menge, weil man am Anfang noch alle Fächer bearbeiten sollte und nicht nur die acht späteren Prüfungsfächer.
An dieser Stelle gleich ein Tipp: Wählt eure Prüfungsfächer für das Abitur Fernstudium möglichst früh, sobald ihr euch sicher seid, welche es werden sollen, denn dann erspart ihr euch die unnötige Arbeit an den abgewählten Fächern.
Ich werde im Folgenden einfach mal auf einige Teilaspekte im Fernstudium Abitur eingehen, die euch vielleicht interessieren könnten.
Die Qualität des Studienmaterials
Bevor man sich anmeldet, fragt man sich schon, ob etwa 200 Studienhefte es tatsächlich schaffen, den kompletten Stoff der Unter- und Oberstufe des Gymnasiums zu vermitteln. Das gleich vorweggenommen: Nein, das schaffen sie definitiv leider in den meisten Fällen nicht!
Besonders unterirdisch waren damals die Studienhefte im Fach Mathematik. Waren sie in der Unterstufe noch relativ (!) verständlich, war es damit ab der Oberstufe definitiv vorbei. Wir saßen teilweise sogar mit Mathematik-Studenten vor den Aufgaben und selbst sie hatten Probleme damit, diese zu lösen. Statt die Bereiche praxisnah zu erklären, stürzten sich die Unterlagen vor allem auf mathematische Beweisführung, die höchstens im Leistungskurs eine Rolle spielen dürften. Eine angemessene Anzahl an Übungsaufgaben suchte man dafür vergebens. Hier mussten sich die meisten Teilnehmer mit viel Sekundärliteratur eindecken.
Die Studienhefte im Fach Chemie waren zwar didaktisch sehr gut aufgebaut und der Stoff war gut verständlich. Leider hat sich jedoch im Nachhinein (in der Prüfungsvorbereitung) herausgestellt, dass der darin vermittelte Stoff nicht annähernd ausreichend war, um die dort gestellten Fragen zu beantworten.
In den Fächern Geografie und Gemeinschaftskunde waren die Unterlagen interessant geschrieben und gut aufgebaut. Leider gab es zahlreiche Argumentationen und Erklärungen, die auf bis zu 30 Jahre alten Statistiken und Diagrammen basierten.
Trotz allem muss ich aber der Fairness halber sagen, dass ich durch die Unterlagen trotzdem ausreichend auf die Fernabitur-Prüfung vorbereitet wurde.
Betreuung im Fernabi am ILS
Wer beim ILS das Abi nachholen möchte, muss auch lernen, sich in Geduld zu üben. Die Korrekturzeiten für die Fernabi Einsendeaufgaben können schon einmal vier bis sechs Wochen in Anspruch nehmen.
Auch der Kontakt zu den Fernlehrern funktioniert leider nicht immer so gut und zügig, wie man sich das vorstellen würde. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass viele der Fernlehrer diese Tätigkeit ehrenamtlich und/oder nebenberuflich ausüben, wodurch sich diese Verzögerungen ergaben. Als zahlender Kunde frage ich mich allerdings schon, ob das wirklich mein Problem sein kann.
Wirklich zu bemängeln war aus meiner Sicht jedoch der Studienservice selbst. Bei organisatorischen Fragen, die die Prüfung im Fernabitur betrafen, haben wir stets von verschiedenen Mitarbeitern unterschiedliche Aussagen bekommen, beispielsweise ob man in der Abitur Prüfung in Mathematik Tabellenbücher oder in den Fremdsprachenfächern Wörterbücher benutzen dürfte. Sich gegenseitig abzusprechen, war beim Studienservice leider scheinbar nicht möglich.
Seminare
Die Seminare, die das ILS im Fernabitur Kurs anbot, waren allesamt keine Pflichtveranstaltungen. Das Einführungs-, Unterstufen- und Mittelstufenseminar habe ich nicht besucht, weshalb ich dazu keine Aussagen treffen kann.
Das Oberstufenseminar war das erste, das ich besucht habe. Aus den meisten Fächern konnte ich kaum Nützliches mit nach Hause nehmen. Es war noch nicht einmal eine wirkliche Wiederholung oder Auffrischung, sondern vielmehr irgendwelche Übungen, die wie wahllos aus der Luft gegriffen schienen. Das einzige Fach, in dem mir der Unterricht sinnvoll vorkam, war Mathematik. Dort ist bei einigen der Groschen gefallen, auch bei mir.
Ernst wurde es, als es zum Prüfungsvorbereitungsseminar ging – dachten wir zumindest. Aber auch in diesem Seminar ging es inhaltlich wieder sehr seicht zu. Der Gipfel war dann eigentlich, dass die Referenten die Teilnehmer stark demotivierten. Die Lehrer dort gehen wohl davon aus, dass der Großteil der Teilnehmer unter völliger Selbstüberschätzung leidet und die meisten sowieso durchfallen würden. Wir sollten uns also besser nicht darauf einstellen, den letzten Schritt auf dem Weg zur Hochschulreife – die Probeklausuren – zu bestehen. Diese Probeklausuren fanden gleich im Anschluss an das Seminar statt. Ich habe meine Probeklausuren bestanden – zwar nicht unbedingt gut, aber es hat gereicht. Das Bestehen ist Voraussetzung, um die Zulassung zur staatlichen Prüfung zu erhalten.
Das Vorbereitungsseminar für die mündliche Prüfung habe ich mir aus naheliegenden Gründen gespart, nicht zuletzt aber auch, weil vorherige Prüfungsteilnehmer die Teilnahme nicht empfehlen konnten.
Abitur-Prüfungen
Schließlich war der Punkt gekommen: die Prüfung im Fernstudium Abitur stand an. Die schriftlichen Prüfungen wurden in einer Schule in Hamburg abgenommen. Die äußeren Bedingungen bezüglich Lärm, Temperatur, Störungen usw. waren katastrophal. Das größere Problem war jedoch, dass im Vorfeld der Prüfung der abgefragte Stoff von den Fernlehreren teilweise falsch eingegrenzt wurde, sodass viele falsch oder nicht ausreichend gelernt hatten. Kein Wunder daher, dass es da nicht nur gute Noten gehagelt hat. Auf dem Weg zur Hochschulreife fehlten nun nur noch die mündlichen Prüfungen. Die waren für viele eine Zitterpartie und manche sind daran sogar gescheitert, die FH-Reife abzuschließen.
Auch lesen: Erfahrungsbericht von meinen schriftlichen Abitur Prüfungen
Dennoch ein bisschen Positives
Trotz alledem möchte ich jetzt natürlich nicht so tun, als wäre alles am Institut für Lernsysteme schlecht. Ich weiß nicht, ob ich ohne das ILS Fernabitur jemals auf die Idee gekommen wäre, das Abi nachzumachen.
Nützlich war für uns Teilnehmer stets das Online-Studienzentrum, in dem sich alle Teilnehmer treffen konnten. Das Forum war rege besucht und so konnte man auch schnell auf Hilfe von anderen Teilnehmern hoffen, wenn man mit dem Abitur Stoff mal nicht weiterkam.
Wer das Abi nachholen möchte und dabei kein Problem hat, viel Zeit und auch Geld zu investieren, der hat beim ILS trotz allem eine gute Möglichkeit, um das durchzuziehen. Und wenn man nicht ganz so naiv an die Sache herangeht, wie ich das damals getan habe, und etwas Durchhaltevermögen beweist, ist die Chance groß, eine gute FH-Reife hinzulegen.
Auch lesen: Alles zum Fernabitur: 4 Fernkurse im Vergleich + Ablauf + Kosten + meine Erfahrungen
Kommentare
or post as a guest
habe das Abi auch extern gemacht. Du musst nicht den Lernstoff von 200 Fächern im Gedächtnis haben. Vielfach geht es z.B. darum, Fertigkeiten zu erwerben, etwa in Mathematik, oder in Deutsch, wo du lernst, zu interpretieren etc.
Freilich ist da jede Menge Lernstoff dabei, aber zum einen hast du nicht alle Prüfungen an einem Tag, zum anderen sind es, wie gesagt, nicht 200 Hefte, die du auswendig lernen musst. Prüfungsrelevant ist meist zudem nur der Stoff der Oberstufe, der Rest ist quasi Grundlage.
Dennoch finde ich es wichtig, sich so vor einem Projekt ausführlich mit dem Theme Lernen zu beschäftigen und "lernen, wie man lernt". Lies evtl. auch mal diesen Beitrag hier von mir, das kann eigentlich so auch für Fernschüler gelten: https://www.fernstudi.net/magazin/10903