Beruf & Karriere

Berufsbegleitendes Fernstudium & Arbeitgeber: wie unter einen Hut bringen?

Es gibt viele Gründe, warum sich Berufstätige für ein Studium entscheiden. Vielleicht möchtest du dir einen besseren Job und damit auch ein höheres Einkommen sichern oder planst, beruflich neu durchzustarten – Stichwort: Tapetenwechsel. Aber noch mal komplett aus dem Beruf raus? Von BAföG leben und kellnern gehen? Ist auch nicht so prickelnd, wenn man schon voll verdient hat.

Die optimale Lösung scheint ein berufsbegleitendes Studium zu sein. Aber auch wenn es dir ermöglicht, weiterhin deiner Arbeit nachzugehen, will der Plan genau durchdacht sein. Ein berufsbegleitendes Fernstudium lässt sich zwar definitiv einfacher mit der Berufstätigkeit verbinden als ein Vollzeitstudium – ein Kinderspiel ist es deswegen aber noch lange nicht. Es gibt viele Fragen zu klären, und mit denen wollen wir uns heute ein wenig detaillierter beschäftigen.

Berufsbegleitendes Fernstudium und Job – klappt das wirklich?

Auch im Fernstudium musst du vielleicht mal zu Vorlesungen - das will gut organisiert sein.

Ehe du dich für ein berufsbegleitendes Fernstudium entscheidest, stellst du am besten einen genauen Zeitplan auf. Möchtest du ein normales Vollzeitstudium mit guten Noten abschließen, solltest du pro Woche rund 30 bis 40 Wochenstunden investieren – also ähnlich wie bei einer Vollzeitberufstätigkeit. Für ein Teilzeitstudium hast du doppelt so viel Zeit zur Verfügung. Doch auch dann musst du immer noch mit 15 bis 20 Wochenstunden rechnen.

Variante 1) Vollzeit-Fernstudium und Vollzeitjob

Theoretisch hält dich niemand davon ab, dich als Vollzeit-Berufstätiger für ein Vollzeit-Fernstudium einzuschreiben. Aber du kannst es dir schon vorstellen: Sinnvoll ist das eher nicht. Du müsstest 35 bis 40 Stunden pro Woche arbeiten plus 30 bis 40 Stunden lernen und studieren – das käme einer Arbeitsbelastung von 65 bis 80 Stunden pro Woche gleich.

Diese Variante sollte für dich höchstens dann eine Option sein, wenn du

  1. auf gute Noten absolut keinen Wert legst, sondern einfach nur irgendwie durchkommen willst.
  2. ein absolutes Arbeitstier bist und über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg ohne Freizeit und Urlaub auskommst. (Gesund ist das nicht!)
  3. dir aufgrund von Vorkenntnissen mehrere Module anrechnen lassen kannst.

Du merkst es selbst: Theoretisch ist es möglich, in der Praxis klappt diese Kombination nur mit Abstrichen.

Auch lesen: Fernstudium + Beruf + Familie? Das kann doch nicht gut gehen!

Variante 2) Vollzeit-Fernstudium und Teilzeitjob

Aus meiner Sicht ist diese Variante die ideale Option, neben dem Beruf zu studieren. Bei 30 bis 40 Wochenstunden Studium und 15 bis 20 Stunden Arbeit liegst du mit insgesamt 45 bis 60 Wochenstunden zwar immer noch über dem Wochendurchschnitt eines normalen Arbeitnehmers. Aber ganz ohne Opfer im privaten Bereich geht es nun einmal nicht, wenn du berufsbegleitend studieren möchtest.

Diese Variante hat gleich mehrere Vorteile:

  • Du sammelst weiterhin Berufserfahrung, ohne dich zu übernehmen.
  • Du verdienst weiterhin Geld und kannst deinen Lebensunterhalt selbst bestreiten.
  • Deine wöchentliche Arbeitsbelastung liegt in einem machbaren Rahmen.
  • Du kannst die Anforderungen des Studiums zeitlich leichter mit dem Beruf vereinbaren.

Variante 3) Teilzeit-Fernstudium und Vollzeitjob

Bei dieser Variante ist die wöchentliche Arbeitsbelastung dieselbe – nur dass du weniger fürs Studium machst und dafür mehr arbeitest. Auch diese Variante hat mehrere Vorteile:

  • Deine Berufserfahrung zählt voll.
  • Du hast dein komplettes Einkommen zur Verfügung – das hilft sehr bei der Zahlung der Studiengebühren für eine private Fernhochschule.
  • Auch hier ist der Workload durchaus machbar.

Diese Variante hat aber einen gewichtigen Nachteil: Du bist wesentlich unflexibler, was die Vereinbarkeit von Studium und Job betrifft. Wenn es um Präsenzvorlesungen, Klausurphasen und Ähnliches geht, wird es hier mitunter schwierig – ohne Urlaub und Überstunden abzubauen, klappt diese Option eher nicht.

Variante 4) Teilzeit-Fernstudium und Teilzeitjob

Das ist natürlich die komfortabelste Kombination: Du musst pro Woche nicht mehr Zeit investieren als in einen normalen Vollzeitjob. Du verdienst Geld, sammelst Erfahrungen und kannst gleichzeitig in Ruhe studieren und dich auf Klausuren vorbereiten. Aber du brauchst länger als bei anderen Varianten und verdienst über viele Jahre hinweg weniger.

Möchtest du mehr über die Belastung durch ein berufsbegleitendes Fernstudium erfahren? In diesem Video berichtet Christian von seinen eigenen Erfahrungen mit einem Teilzeitstudium und Weiterbildung neben dem Beruf:

Muss ich meinem Arbeitgeber mein Fernstudium melden?

In arbeitsrechtlicher Hinsicht gibt es keinen Grund, deinem Arbeitgeber ein Fernstudium zu melden. Es handelt sich um keinen Nebenjob, den du vielleicht anmelden müsstest. Alles andere ist reines Privatvergnügen. Aber: Denk trotzdem darüber nach, ob du deinen Chef informieren solltest. Das kann für dich nämlich auch Vorteile haben:

  • Verbessere deine Karrierechancen mit dem Fernstudiengang.
  • Weiß dein Arbeitgeber Bescheid, kann er dir bei deiner Zeitplanung etwas entgegenkommen (z. B. Überstunden abbauen, wenn es in der Klausurenphase etwas stressiger zugeht).
  • Vielleicht kannst du deine Bachelorarbeit oder Masterthesis bei deinem Arbeitgeber schreiben.
  • Eventuell bekommst du sogar finanzielle Unterstützung. Deine Chancen stehen am besten, wenn du im Studium Wissen erwirbst, das das Unternehmen nutzen kann.

Kann sich mein Arbeitgeber an den Kosten für das Fernstudium beteiligen?

Du willst berufsbegleitend studieren? Hol dir die Unterstützung deines Chefs!

Das kann er zwar – muss er aber nicht. Wünschst du dir von deinem Arbeitgeber finanzielle Unterstützung für das Fernstudium, solltest du ein offenes Gespräch mit deinem Chef führen und dabei gut argumentieren. Immerhin schlägt ein Fernstudium selbst an einer staatlichen Hochschule mit vielen Tausend Euro zu Buche. An vielen privaten Hochschulen kosten die reinen Studiengebühren oft 10.000 bis 15.000 Euro. Informiere dich in unserem Beitrag zu den Kosten eines Fernstudiums darüber, welche Kosten außerdem anfallen.

Die folgenden Gedankengänge helfen dir vielleicht, eine finanzielle Beteiligung des Arbeitgebers zu erreichen:

  • Zuschuss: Frag doch einfach mal in der Personalabteilung, welche Optionen es gibt. Viele Arbeitgeber übernehmen für Mitarbeiter, die berufsbegleitend studieren, einen Teil der Studiengebühren oder erstatten bestimmte Kosten nach Vorlage der Quittung. Auch Erfolgsprämien für erfolgreich abgeschlossene Semester oder gute Noten sind möglich.
  • Gehaltsverzicht: Möchte sich dein Arbeitgeber nicht direkt an deinen Studiengebühren beteiligen, gibt es trotzdem eine Möglichkeit, wie er dich finanziell unterstützen kann. Dazu übernimmt er einen Teil deiner Kosten. Du verzichtest im Gegenzug entsprechend auf einen Teil deines Gehalts. Der Arbeitgeber spart sich sogar noch Sozialabgaben (ebenso wie du) und kann die Kosten als Betriebsausgaben absetzen – und du profitierst ebenfalls.
  • Bindung: Beteiligt sich dein Arbeitgeber an den Studienkosten, kann er dich dafür im Gegenzug zur Bindung ans Unternehmen verpflichten. Bei einem mehrjährigen Studium können bis zu fünf Jahre angemessen sein. Eine Rückzahlungsklausel stellt sicher, dass du die finanzielle Beteiligung anteilig zurückzahlen musst, wenn du vorzeitig kündigst.
  • Gespräch: Lege eine Übersicht über die anfallenden Kosten an. So hast du eine konkrete Grundlage für das Gespräch mit deinem Arbeitgeber. Idealerweise kannst du begründen, warum das Fernstudium auch dem Unternehmen Vorteile bringt.

Wie lassen sich Präsenz- oder Klausurphasen im Fernstudium mit dem Job in Einklang bringen?

Ein berufsbegleitendes Fernstudium und den Job unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer ganz einfach. Wie gut dir das gelingt, hängt von zwei Faktoren ab:

  1. Wie flexibel ist dein Arbeitgeber?
  2. Wie flexibel ist dein Fernstudium?

Wie flexibel ist dein Arbeitgeber?

Damit du Präsenzphasen im Studium besuchen oder die stressige Vorbereitung auf die anstehenden Klausuren bewältigen kannst, sollte dein Arbeitgeber einigermaßen flexibel sein. Er kann dir etwa mit diesen Möglichkeiten entgegenkommen:

  • Urlaub: Du musst weitgehend frei entscheiden können, wann du deinen Urlaub nimmst. Außerdem muss der Arbeitgeber beide Augen zudrücken, wenn er dir entgegen den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes deinen Urlaub nicht immer zusammenhängend gibt, sondern auch in einzelnen Tagen (z. B. für einzelne Vorlesungen oder Klausuren).
  • Überstunden: Hast du ein dickes Stundenpolster auf deinem Arbeitszeitkonto? Dann kannst du dieses super für dein Fernstudium nutzen. Aber auch das erfordert die Zustimmung deines Arbeitgebers.
  • Unbezahlte Freistellung: Musst du der Arbeit länger fernbleiben, etwa um dich auf Klausuren vorzubereiten oder deine Abschlussarbeit anzufertigen? Dann kannst du auch eine unbezahlte Freistellung nutzen. Lass dich aber nicht länger als einen Monat freistellen – andernfalls musst du dich selbst krankenversichern.

Bildungsurlaub als weitere Option

In 14 deutschen Bundesländern besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub. Sachsen und Bayern haben bislang keine Regelungen dazu getroffen. Meistens sind es fünf Tage pro Jahr oder zehn Tage in zwei Jahren, an denen du dich bezahlt freistellen lassen kannst. Der Arbeitgeber bekommt eine Erstattung für deine Lohnkosten. Im Überblick bieten die Länder diese Möglichkeiten:

Bundesland  Bildungsurlaub
Baden-Württemberg 5 Tage pro Jahr
Bayern --
Berlin 10 Tage in zwei Jahren
Brandenburg 10 Tage in zwei Jahren 
Bremen 10 Tage in zwei Jahren
Hamburg 10 Tage in zwei Jahren
Hessen 10 Tage in zwei Jahren
Mecklenburg-Vorpommern 5 Tage pro Jahr
Niedersachsen 10 Tage in zwei Jahren 
Nordrhein-Westfalen 10 Tage in zwei Jahren
Rheinland-Pfalz 10 Tage in zwei Jahren
Saarland 6 Tage pro Jahr (davon 3 Tage in der arbeitsfreien Zeit)
Sachsen --
Sachsen-Anhalt 10 Tage in zwei Jahren
Schleswig-Holstein 10 Tage in zwei Jahren
Thüringen 5 Tage pro Jahr

Leider schließen viele Länder Fernstudiengänge vom Bildungsurlaub aus, genauer gesagt akademische Studiengänge im Allgemeinen. Allerdings gibt es davon auch Ausnahmen. Die SRH Fernhochschule etwa ist in Baden-Württemberg voll anerkannt.

Von daher empfehle ich dir, vorsichtshalber einen Antrag zu stellen. Mehr als „Nein“ sagen kann der Arbeitgeber schließlich nicht. Übrigens kann sich Bildungsurlaub auch aus Tarifverträgen ergeben oder individuell vereinbart werden – dies wäre eine weitere Form der finanziellen Förderung durch deinen Arbeitgeber.

Wie flexibel ist dein Fernstudium?

Ist dein Arbeitgeber wenig flexibel, kannst du dies in deine Studienwahl einfließen lassen. Hier gibt es nämlich sehr unterschiedliche Modelle für die Zeiteinteilung. An der staatlichen Fernuni Hagen kannst du zwar in Teilzeit berufsbegleitend studieren. Das Semester ist aber ähnlich aufgebaut wie ein Präsenzstudium – also mit Klausurphasen und ruhigeren Phasen, in denen du Facharbeiten schreibst. Die heftige Belastung während der Klausurphase ist mit dem Job nur schwierig zu vereinbaren.

Dagegen gibt es vorrangig an privaten Hochschulen reine Online-Studiengänge. Hier kannst du dir deine Zeit oftmals flexibler einteilen. Du arbeitest den Stoff beispielsweise modulweise ab und meldest dich einfach dann zur Klausur des Moduls an, wenn du selbst so weit bist. So passt du dein Studium problemlos an deinen Job an. Wenn die Arbeit es zulässt, steckst du einfach mehr Zeit ins Studium. Mit einer klugen Studienwahl kannst du also einen unflexiblen Arbeitgeber ausgleichen.

Fazit

Möchtest du ordentliche Noten erreichen, solltest du einiges an Zeit in dein berufsbegleitendes Fernstudium investieren. Ich empfehle dir deshalb, einen Teilzeitjob mit einem Vollzeitstudium oder andersherum zu kombinieren, um ein adäquates Tempo vorzulegen, ohne dringend erforderliche Erholungsphasen ganz aus den Augen zu verlieren.

Das Wichtigste ist aber, dass du dich gut mit deinem Arbeitgeber abstimmst, dir dessen Unterstützung (nicht nur finanziell) sicherst und auch bei der Wahl des Studiengangs die Flexibilität des Angebots genau prüfst. Immerhin bindest du dich wenigstens für drei Jahre an diese Situation, bei einem Teilzeitstudium sogar bis zu sechs Jahre. Das will gut durchdacht sein.

Kommentare

Dein Kommentar?
or post as a guest
Lade Kommentar … The comment will be refreshed after 00:00.

Interessante Beiträge