Lernen & Selbststudium

Brainbooster-Test: SHARP MIND – „Gesunde Alternative zu Ritalin und Modafinil?“

Auf Amazon bin ich auf einen interessantes Präparat namens SHARP MIND gestoßen. Interessant deshalb, weil dort unter anderem aktive Formen von B-Vitaminen verbaut sind, was zeigt, dass die Hersteller offensichtlich wissen, was sie da zusammengemischt haben. Grund genug für mich, das Ganze mal zu bestellen und ausführlich zu testen.

Beworben wurde das Multivitamin auf Amazon zur Markteinführung mit Aussagen wie „Nootropic Power Formel für Sportler, Studenten, Schüler, Young Professionals und Unternehmer – als gesunde Alternative zu Ritalin und Modafinil“ und „Konzentration steigern - Brain Booster für mentale Klarheit und verbesserte Reaktionsfähigkeiten: wirkt durch verbesserte Signalübertragung im Gehirn anstatt aufzuputschen“. Hersteller ist die Firma ahead GmbH mit Sitz in Hamburg, die einige weitere Produkte im Sortiment führt („Bright Mood“, „gut Care“, „Deep Sleep“ etc.).

Inhaltsstoffe im Detail: CDP Cholin, Phosphatidylserin, B-Vitamine

Aufmerksam bin ich auf das Produkt geworden, weil es zum einen B-Vitamine in ihren methylierten Formen enthält. Die sind teurer als die billigen Formen, die man auf Amazon und anderswo üblicherweise zu kaufen bekommt, aber diese „aktiven“ Formen der B-Vitamine sind für unseren Organismus einfacher zu verstoffwechseln. Zum anderen enthielt das Produkt kurz nach Markteinführung Huperzin A und Alpha GPC, zwei interessante Substanzen, die mittlerweile aber leider aus der Rezeptur verschwunden sind. 

Ich gehe im Folgenden auf jede Zutat einzeln ein.

CDP-Cholin, 500 mg. CDP-Cholin wird vom Körper in Cholin und Cytidin aufgespalten. Cholin ist Ausgangsstoff für den Neurotransmitter Acetylcholin, überwindet die Blut-Hirn-Schranke und wird so dort wirksam, wo Acetylcholin in hohem Maße benötigt wird. Mehr Acetylcholin = bessere Gedächtnisleistung, mehr Aufmerksamkeit, schnelleres Denken, generelle Steigerung der kognitiven Performance (vgl. hier). CDP-Cholin wirkt darüber hinaus auch auf unsere Dopamin-Rezeptoren ein und wirkt neuroprotektiv.

Phosphatidylserin, 100 mg. Phosphatidylserin ist ein sogenanntes Phospholipid und auch beteiligt am Informationsaustausch zwischen den Hirnzellen. Die Substanz soll sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirken. Die Dosis ist mit 100 mg allerdings recht gering. Die meisten Studien, die die Wirksamkeit auf die kognitive Leistungsfähigkeit untersuchen, nutzen Dosierungen von 200–300 mg täglich (Überblick hier).

Acetyl-L-Carnitin, 240 mg. Acetyl-L-Carnitin ist eine Form von Carnitin, eine Substanz, die unser Körper auch von selbst mithilfe der Aminosäuren Lysin und Methionin herstellen kann. L-Carnitin hilft unseren Zellen, mehr Energie zu produzieren, indem es in den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels eingreift (siehe hier). Folge: Leistungssteigerung. Carnitin macht, vereinfacht gesagt, dass unsere Mitochondrien besser arbeiten. Das wirkt sich natürlich auf kognitive Leistungsfähigkeit aus, denn neben Herz und Leber weist das Gehirn die größte Dichte an Mitochondrien auf.

Brahmi-Extrakt (Bacopa monnieri), 200 mg, davon Bacoside 100 mg. Brahmi bzw. Kleines Fettblatt ist eine Pflanze und enthält unter anderem Saponine (Bacosid A und B). Die angeblich neuroprotektiv wirken. Ahead Nutrition verweist auf seiner Website auf 2 Studien, die darauf hinweisen, dass  Brahmi sich auf Konzentrationsvermögen und die Lernfähigkeit auswirkt – allerdings erst so richtig nach einer längeren Einnahmezeit von etwa 12 Wochen (siehe hier). 12 Wochen am Stück würde ich persönlich SHARP MIND nicht nehmen, mehr dazu weiter unten.

L-Theanin, 120 mg. L-Theanin habe ich selbst immer vorrätig, als Pulver, und natürlich im schwarzen und grünen Tee, wovon ich viel trinke. Denn Theanin wirkt entspannend und fördert angeblich die Bildung von Alpha-Wellen im Gehirn (siehe z.b. hier). Theanin vermag es auch, die Konzentration des Neurotransmitters GABA zu erhöhen und wirkt entsprechend angstlösend. Die Dosierung erscheint mir in diesem Stack mit 120mg etwas gering, 200 mg könnten es schon sein.

Schwarzer Pfeffer-Extrakt, 10,5 mg, davon 10 mg Piperin. Piperin regt auf der einen Seite den Stoffwechsel an, wirkt antibakteriell und angeblich sogar als Antihelminthikum (= gegen Würmer). Piperin ist in diesem Stack enthalten, weil es in der Lage ist, die Bioverfügbarkeit anderer Substanzen im Körper zu steigern (siehe hier). Ich bin mir bei Piperin nicht ganz sicher, wie sicher es in einem solchen Stack ist. Piperin hemmt nämlich bestimmte Enzyme (etwa Cytochrom P450 3A4), die für den Abbau von anderen Stoffen verantwortlich sind, was sich auch auf Medikamente auswirken könnte (Quelle).

Vitamin B2, 1,2 mcg. Riboflavin leuchtet unter UV-Licht. Wundert euch nicht, wenn euer Urin entsprechend gelb leuchtet, nachdem ihr Sharp Mind eingenommen habt. Riboflavin soll die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern, die Studienlage hierzu ist aber recht dünn. Warum in Sharp Mind Vitamin B2 zugegeben wurde, ist mir also nicht ganz klar – vielleicht nur für den Pinkel-Effekt.

Vitamin B3, 16 mg. Vitamin B3, auch bekannt als Niacin und Nicotinsäure, ist neben dem Carnitin der nächste Mitochondrien-Booster des Produkts (mehr zu B3 und dessen Wirkung auf Mitochondrien hier). Niacin wirkt angeblich auch antidepressiv bzw. stimmungsaufhellend.

Vitamin B5, 7,2 mg. Das Vitamin B5, die Panthotensäure, kennen viele sicher aus der Panthenol-Salbe. B5 ist u.a. beteiligt am Aufbau des Coenzyms A, was wiederum der Mitochondrienfunktion zugute kommt und damit unsere generelle Leistungsfähigkeit erhöht.

Vitamin B6 3,5 mg. Wenn Vitamin B6 nicht im Produkt enthalten gewesen wäre, hätte mich das doch stark gewundert. Obwohl auch hier die Dosierung sehr gering ist. B6 liegt hier in seiner aktiven Form vor, als Pyridoxal-5-Phosphat. P5P ist ein wichtiges Coenzym in mehr als 100 Enzymreaktionen und wirkt dadurch auf eine Vielzahl von Stoffwechselvorgängen ein. So ist P5P auch an der Bildung von Neurotransmittern wie GABA, Dopamin, Epinephrin und Norepinephrin beteiligt.

Vitamin B12. Vitamin B12 liegt in seiner aktiven Form als Methylcobalamin vor. Die Symptome von B12-Mangel sind vielfältig, dazu zählt insbesondere ein vermindertes Denkvermögen. Ein Mangel an B12 kann beispielsweise auftreten, wenn das Vitamin via Magen-Darm nicht in den Organismus übergehen kann. B12 wird im unteren Teil des Dünndarms (im Ileum) resorbiert, mithilfe des sog. Intrinsic-Factors. Mangelt es am Intrinsischen Faktor, etwa aufgrund von Gastritis, kann das Vitamin kaum verwertet werden. Mangelpatientien verabreicht man B12 daher entweder intravenös oder sublingual. Ich vermute, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung an Magen-Darm-Problemen leidet und daher das Vitamin oral nicht richtig verwerten kann. Entsprechend hätte man sich es hier im Stack wahrscheinlich sparen können.

Wirksamkeit: Konstanter Fokus

Die Wirkung des Stacks hingegen ist recht sanft und angenehm, wenn man sich an die Dosierempfehlung hält. Das sah bei mir die ersten 3 Tage so aus:

  • Tag 1: Gegen Mittag 2 Kapseln nüchtern; spürbarer Motivations- und Fokusschub
  • Tag 2: Früh nüchtern 2 Kapseln, Mittags eine weitere. Fokussiert den ganzen Tag, motivierter als sonst, schreiben fällt mir ungewöhnlich leicht. Abends Eisbad und Waldlauf, im Wald merke, dass auch Mitochondrien-Boost (B3 und B5) funktioniert, weil ich ungewöhnlich ausdauernd laufe. Bei Nacht träume ich allerdings nicht mehr als sonst.
  • Tag 3: Früh nüchtern 3 Kapseln, gegen Mittag ist die Wirkung etwas unangenehm, ich fühle mich  aufgedreht. Nach einer kalten Dusche, geht's aber wieder und ich bin produktiv und fokussiert. Nachts träume ich intensiver als sonst.

Das Produkt wirkt gut, zumindest bei mir, und das schon ab der ersten Einnahme. Die Wirkung lässt sich bei mir nach noch steigern, wenn man den Motivations- und Fokusschub nutzt, um

  • in ein Eisbad zu klettern und sich 10 bis 15 Minuten lang abzukühlen (eine kalte Dusche tut es auch),
  • moderates Krafttraining und Mobility Training zu machen,
  • eine Stunde durch den Wald zu laufen.

Ich habe das Präparat versuchsweise über eine längere Zeit genommen und insgesamt 2 Dosen verbraucht. Im Schnitt habe ich 2 Kapseln pro Tag eingenommen, immer früh nüchtern. Manchmal habe ich etwas zu intensiv geträumt, was sich negativ auf meine Schlafqualität auswirkt. Ich bin aber davon abgesehen konstant motiviert und sehr fokussiert – allerdings auch dann, wenn kein SHARP MIND regelmäßig zu mir nehme.

Mögliche Nebenwirkungen: Albträume und Zähneknirschen

Verpackung des Produkts
© ahead GmbH

Typische Nebenwirkung für einen zu hohen Cholin-Spiegel ist bei mir starke Spannung auf der Kiefermuskulatur, was einhergeht mit Zähneknirschen bis hin zu Kopfschmerzen. Mit Sharp Mind hatte ich diese Nebenwirkung noch nicht bzw. nur leicht, wahrscheinlich weil die Dosierung insgesamt recht moderat ist.

Substanzen wie CDP-Cholin versurachen auch intensivere Träume – zumindest vielen Anekdoten und Onlineforen zufolge. Ich kann das bestätigen. Wer zu Albträumen neigt, für den ist ein Produkt wie Sharp Mind vielleicht weniger geeignet. 

Auf keinen Fall sollte man das Produkt täglich oder über einen längeren Zeitraum nehmen, wenn man nicht weiß, was man da tut. Multivitamine wie dieser kennen nicht euren spezifischen Organismus und wirken daher vielleicht unvorhergesehen anders als bei euren Mitmenschen.

Außerdem ersetzt ein Multivitamin niemals eine anständige Ernährung und einen gesunden Lifestyle. Viele der Inhaltsstoffe nimmt man so oder so ausreichend zu sich, wenn man viel Fisch sowie Eiser isst, etwa die B-Vitamine und Cholin. Eis- und Sonnenbäder sowie ausreichend Schlaf und Bewegung helfen zusätzlich, die Neurotransmitter ins Gleichgewicht zu bringen. Hohe Dosen und selbst die empfohlenen 3 Kapseln/Tag über einen längeren Zeiträum würde ich daher ausschließlich zu therapeutischen Zwecken oder zu Zwecken der Performance-Steigerung und sehr vorsichtig zu mir nehmen. 

Achtung: Wer Medikamente zu sich nimmt und Sharp Mind konsumieren will, sollte mit einem Arzt abklären, ob das Piperin Probleme verursachen kann, weil es den Leberstoffwechsel beeinflusst.

Preis-Leistung

Für 90 Kapseln habe ich knapp 35 Euro bezahlt. Das reicht für 30 Einnahmen, wenn man dem Etikett folgt. Wenn man etwas mutiger dosiert, wie ich das gerne mache, sind es noch weniger Portionen. Leistungssportler und sehr aktive Menschen wie ich nehmen mehr, Büroarbeiter, die den ganzen Tag nur sitzen, brauchen sicher weniger als 3 Stück.

Dafür, dass ich hier letztendlich vor allem GDP-Cholin und Piperin in Kombination mit ein paar B-Vitaminen konsumiere, finde ich den Preis okay. Wenn ich mir die Hauptinhaltsstoffe einzeln kaufen würde, würde ich es wahrscheinlich etwas günstiger kommen. Trotzdem, auf den Monat gerechnet sind 35 Euro schon eine Menge Geld – in eine Prüfungsphase kann man das aber mal investieren.

Fazit: Pro und kontra Sharp Mind

Mir gefällt SHARP MIND ganz gut. Es wirkt (beim mir) hervorragend, eignet sich sehr gut für intensive Lernphasen und stressige Zeiten. Der Preis ist zwar hoch, aber angemessen. Ich werde den Stack  gelegentlich in Phasen zu mir nehmen, in denen ich viel zu schreiben und zu lesen habe, in denen ich programmiere oder in ich denen ich lerne.

Pro:

  • hochwertige Inhaltsstoffe in moderater Dosierung
  • schicke Verpackung
  • keine Zusatzstoffe wie wie Magnesiumstearat
  • keine Stimulantien wie Koffein oder Guarana
  • Wirkung hält, was sie verspricht
  • gute Kombination aus Neurotransmitter- und Mitochondrien-Boost

Kontra:

  • die ein oder andere Zutat scheint mir sehr gering dosiert
  • insgesamt recht hoher Preis
  • Warnhinweis zu möglichen Wechselwirkungen mit Medikamenten aufgrund des Piperins fehlt

Das Produkt kann man im Shop von ahead und auf Amazon kaufen.

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