Beruf & Karriere

Lohnt sich ein Informatikstudium heute noch? Fakten, Trends und Zukunftsaussichten

Ob Digitalisierung, Automatisierung oder Künstliche Intelligenz – kaum ein gesellschaftlicher Bereich kommt heute ohne IT-Kompetenz aus. Inmitten dieses technologischen Wandels fragen sich viele Studieninteressierte: Lohnt sich ein Informatikstudium überhaupt noch – oder wird der Beruf durch KI bald überflüssig? Ich beleuchte hier aktuelle Zahlen, Trends und Zukunftsperspektiven, zeige, wie sich das Studium verändert hat und für wen es sich besonders eignet. Ziel ist es, eine fundierte Entscheidungshilfe zu bieten – für Schulabgängerinnen ebenso wie für Berufstätige, die über einen Quereinstieg nachdenken.

Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Informatikstudiengängen?

Die Zahl der Informatikstudierenden ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen – und das nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit. Laut dem Statistischen Bundesamt waren im Wintersemester 2023/24 rund 260.000 Studierende im Fach Informatik eingeschrieben. Im Vergleich zu 2021/22 entspricht das einem leichten, aber stabilen Zuwachs. Auch verwandte Studiengänge wie Wirtschaftsinformatik und Bioinformatik verzeichnen steigende Zahlen.

Besonders auffällig: Der Frauenanteil unter den Informatikstudierenden wächst, liegt aber mit etwa 22 % nach wie vor deutlich unter dem Durchschnitt anderer Studienfächer. Initiativen zur Förderung von Mädchen und jungen Frauen in MINT-Fächern könnten hier mittelfristig für weitere Impulse sorgen.

Auch über die deutschen Grenzen hinaus ist Informatik ein Wachstumsfeld. In der gesamten DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) sind Informatikstudiengänge sehr gefragt. EU-weit lag der Anteil der MINT-Studierenden im Jahr 2022 bei etwa 22 %, wobei Informatik einen wichtigen Teilbereich bildet. Global gesehen belegt die UNESCO, dass der Zugang zu tertiärer Bildung insgesamt wächst – mit Informatik als einem der gefragtesten Studienfelder in Industrie- und Schwellenländern.

Obwohl die demografische Entwicklung (sinkende Geburtenraten) in Deutschland tendenziell zu weniger Studienanfängerinnen und -anfängern führt, erwarten Expertinnen und Experten keine drastischen Einbrüche im Informatikbereich. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert sogar einen deutlichen Anstieg der Studienanfängerzahlen bis 2035, getrieben durch technologische Umwälzungen und den Bedarf an IT-Kompetenzen.

Ein weiterer Einflussfaktor ist die zunehmende Relevanz von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Diese technologischen Trends fördern das Interesse an Informatikstudiengängen und tragen dazu bei, dass sich auch Berufstätige vermehrt für ein Studium – insbesondere im Fern- oder Onlineformat – interessieren.

Was erwartet Studierende im Informatikstudium heute?

Ein Informatikstudium im Jahr 2025 ist weit mehr als das klassische Programmieren am Rechner. Es ist ein komplexer und zugleich dynamischer Bildungsweg, der sich stetig an neue technologische Entwicklungen anpasst – insbesondere an die rasanten Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Für Studieninteressierte stellt sich daher nicht nur die Frage nach dem Ob, sondern auch nach dem Wie und Was eines Informatikstudiums.

Die Grundlagenfächer bleiben zentral: Algorithmen, Datenstrukturen, Rechnerarchitektur, Softwareentwicklung, Mathematik und Theoretische Informatik bilden das Fundament. Doch daneben gewinnen praxisnahe und spezialisierte Module zunehmend an Bedeutung. Beispiele sind:

  • Data Science und maschinelles Lernen
  • Cybersicherheit und Kryptografie
  • Software-Engineering und agile Methoden
  • IT-Projektmanagement
  • Ethik in der KI-Entwicklung

In Masterprogrammen oder späteren Studienphasen werden oft Schwerpunkte wie Künstliche Intelligenz, Robotik, Big Data, Cloud Computing oder Human-Computer Interaction angeboten.

Die COVID-19-Pandemie hat die Hochschullehre dauerhaft verändert. Digitale Vorlesungen, asynchrone Lernangebote und virtuelle Laborumgebungen gehören inzwischen zum Standard. Viele Universitäten und Fachhochschulen bieten auch Fern- und Online-Studiengänge in Informatik an – ein Modell, das besonders für Berufstätige attraktiv ist. Diese Formate ermöglichen es, das Studium individuell in den Alltag zu integrieren und bieten oft zusätzlich praxisorientierte Inhalte sowie engeren Bezug zur realen Arbeitswelt.

Ein Informatikstudium setzt analytisches Denken, Durchhaltevermögen und mathematische Grundkenntnisse voraus. Die Abbrecherquoten liegen – gerade in den ersten Semestern – vergleichsweise hoch. Wer sich aber gut vorbereitet, gezielt Schwerpunkte setzt und regelmäßig mitarbeitet, hat gute Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss. Viele Hochschulen bieten Vorkurse und begleitende Tutorien an, um den Einstieg zu erleichtern.

Wie sieht der Arbeitsmarkt für Informatikerinnen und Informatiker aus?

Die Berufsaussichten für Absolventinnen und Absolventen eines Informatikstudiums gelten auch 2025 als überdurchschnittlich gut. Zwar haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zuletzt eingetrübt – insbesondere durch konjunkturelle Schwankungen und Unsicherheiten auf dem globalen Markt – doch die Nachfrage nach IT-Fachkräften bleibt hoch. Besonders gefragt sind qualifizierte Fachpersonen mit akademischem Abschluss.

Zwischen 2019 und 2022 ist das Angebot an IT-Stellenanzeigen in Deutschland um rund 55 % gestiegen – von etwa 562.000 auf über 876.000 Ausschreibungen. Zwar kam es 2024 zu einem leichten Rückgang auf etwa 780.000 Stellen, doch das Niveau bleibt historisch hoch. Der Branchenverband Bitkom meldete zum Jahresende 2023 rund 149.000 unbesetzte IT-Stellen – ein neuer Rekordwert.

Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die hohe Nachfrage, sondern auch die bestehenden Engpässe bei der Stellenbesetzung. Die Arbeitsagentur berichtet von durchschnittlichen Besetzungszeiten von 7,7 Monaten für IT-Positionen – ungewöhnlich lang im Vergleich zu anderen Branchen. Viele Unternehmen erhalten trotz intensiver Suche nicht ausreichend qualifizierte Bewerbungen.

Rund 351.000 der ausgeschriebenen IT-Stellen im Jahr 2024 richteten sich explizit an Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Bachelor- oder Masterabschluss. Der akademische Weg ist also für viele Positionen nach wie vor der bevorzugte Einstieg – auch wenn es durchaus praxisorientierte Alternativen und Quereinstiegswege gibt.

Besonders gefragt sind derzeit folgende Berufsbilder:

  • Softwareentwicklerinnen und Softwareentwickler
  • Data Scientists und Machine-Learning-Experten
  • IT-Architektinnen und IT-Architekten
  • KI-Spezialistinnen und -Spezialisten

Zudem legen viele Arbeitgeber zunehmend Wert auf Soft Skills, interdisziplinäre Projektkenntnisse und eigenverantwortliches Arbeiten. Wer über reine Technikkompetenz hinaus auch kommunikative und organisatorische Fähigkeiten mitbringt, hat klare Vorteile im Bewerbungsprozess.

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in Ausbildung und Beruf?

Die fortschreitende Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) verändert das Informatikstudium ebenso wie den Arbeitsmarkt grundlegend. Für Studieninteressierte stellt sich dabei nicht nur die Frage, ob KI ihnen den Beruf „wegnimmt“, sondern vor allem, welche neuen Chancen und Anforderungen dadurch entstehen.

KI-Systeme übernehmen zunehmend Routineaufgaben – etwa bei der Codegenerierung, der Fehleranalyse oder der Optimierung von Geschäftsprozessen. Das verändert nicht nur den Berufsalltag von Informatikerinnen und Informatikern, sondern auch die Inhalte der Ausbildung: Grundlagen in maschinellem Lernen, Statistik, Datenanalyse und Modellierung gehören inzwischen zu vielen Curricula.

Gleichzeitig entstehen neue Berufsfelder und Tätigkeitsprofile, wie etwa:

  • Machine-Learning-Ingenieurinnen und -Ingenieure
  • KI-Ethikerinnen und -Ethiker
  • Prompt-Designer
  • Spezialisten für KI-gestützte Anwendungen in Medizin, Verkehr oder Bildung

Die Integration von KI führt nicht zu weniger, sondern zu komplexeren Aufgaben: Informatikerinnen und Informatiker müssen zunehmend Systeme nicht nur entwickeln, sondern auch verstehen, evaluieren und in soziale Kontexte einbetten. Interdisziplinäre Fähigkeiten und ethisches Bewusstsein gewinnen an Bedeutung.

Neben rein technischer Expertise wird Wert gelegt auf:

  • Verständnis für gesellschaftliche Auswirkungen digitaler Technologien
  • Teamfähigkeit in interdisziplinären Projekten
  • Verantwortungsbewusster Umgang mit datenbasierten Entscheidungen

Langfristige Prognosen zeigen: Auch wenn KI bestimmte Aufgaben automatisiert, bleibt der grundsätzliche Bedarf an IT-Fachkräften bestehen. Die Systeme müssen entwickelt, trainiert, gewartet und weiterentwickelt werden – und das gelingt nur mit gut ausgebildeten Fachkräften. Branchenverbände wie Bitkom betonen, dass der Arbeitsmarkt sich transformiert, aber nicht schrumpft.

Für wen lohnt sich ein Informatikstudium besonders?

Ein Informatikstudium kann ein äußerst lohnender Bildungsweg sein – vorausgesetzt, es passt zu den eigenen Interessen, Fähigkeiten und Lebensumständen. Angesichts der Vielseitigkeit des Fachs und der Breite der Anwendungsfelder eignet es sich für verschiedene Zielgruppen, darunter Schulabgängerinnen und Schulabgänger ebenso wie Berufstätige und Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.

Wer frühzeitig ein Interesse an Technik, Logik und Problemlösen entwickelt hat, findet im Informatikstudium eine anspruchsvolle und zukunftsweisende Ausbildung. Besonders geeignet ist das Studium für Personen, die analytisch denken, gern systematisch arbeiten und keine Scheu vor Mathematik und abstrakten Konzepten haben.

In der Schule gute Leistungen in Mathematik oder Physik sind kein Muss, aber oft ein Indikator für das erforderliche Denkvermögen und Durchhaltevermögen. Frühzeitige Orientierung durch Praktika, Informatik-AGs oder Online-Kurse kann die Entscheidung zusätzlich erleichtern.

Auch Menschen mit Berufserfahrung – etwa aus kaufmännischen, technischen oder naturwissenschaftlichen Bereichen – entscheiden sich zunehmend für ein berufsbegleitendes Informatikstudium. Besonders beliebt sind dabei Fernstudiengänge oder Onlineformate, die Flexibilität und Selbstorganisation ermöglichen.

Für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger gilt: Ein solides technisches Interesse, die Bereitschaft zur intensiven Selbstorganisation und ein klarer beruflicher Zielrahmen sind entscheidend. Vorkenntnisse in Programmierung oder Datenverarbeitung erleichtern den Einstieg, sind aber nicht zwingend erforderlich – viele Programme bieten Einstiegshilfen, Grundlagenmodule oder Brückenkurse an.

Egal ob Schulabsolventin oder Berufstätiger: Ein erfolgreiches Informatikstudium erfordert vor allem:

  • Lernbereitschaft und Selbstdisziplin
  • Freude an systematischem Problemlösen
  • Interesse an technischen und gesellschaftlichen Fragestellungen
  • Resilienz im Umgang mit komplexen Aufgabenstellungen

Ein realistisches Bild des Studiums – etwa durch Gespräche mit Studierenden, Infoveranstaltungen oder Online-Probestudiengänge – kann bei der Entscheidungsfindung sehr hilfreich sein.

Fazit: Zukunftsfähige Entscheidung oder Auslaufmodell?

Ein Informatikstudium bleibt auch im Jahr 2025 eine fundierte und zukunftssichere Entscheidung – vorausgesetzt, die Wahl erfolgt bewusst und informiert. Die Analyse zeigt: Trotz konjunktureller Schwankungen ist der Bedarf an gut ausgebildeten Informatikerinnen und Informatikern ungebrochen hoch. Technologische Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Digitalisierung treiben diesen Trend weiter an – und verändern zugleich die Anforderungen an Studium und Beruf.

Wer sich für ein Informatikstudium entscheidet, sollte nicht nur Interesse an Technik mitbringen, sondern auch die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden. Denn die Informatik ist ein Feld im ständigen Wandel. Die Vielfalt an Studienformaten – von klassischen Vollzeitstudiengängen bis hin zu flexiblen Fernstudien – bietet zudem auch Berufstätigen und Quereinsteigerinnen realistische Zugangsmöglichkeiten.

Für viele ist das Informatikstudium ein Türöffner zu Berufen mit hoher gesellschaftlicher Relevanz, exzellenten Entwicklungsperspektiven und überdurchschnittlichem Gehalt. Gleichzeitig verlangt es Einsatz, Ausdauer und die Fähigkeit, eigenständig zu arbeiten. Die Entscheidung sollte daher gut vorbereitet sein – aber für technikaffine Menschen mit Gestaltungswillen kann sie der Schlüssel zu einer spannenden und sinnstiftenden Karriere sein.

Kommentare

Dein Kommentar?
or post as a guest
Lade Kommentar … The comment will be refreshed after 00:00.
  • Christian Wolf, Fachredakteur · vor 13 Tagen
    Ein lesenswerter Impuls kommt übrigens vom Stifterverband: In einem aktuellen Beitrag (Die große KI-Chance Deutschlands) plädiert der KI-Forscher Richard Socher dafür, das Informatikstudium grundlegend zu modernisieren – mit Fokus auf Künstliche Intelligenz, Praxisbezug und Unternehmertum. Besonders bemerkenswert finde ich seinen Appell, Programmieren früher zu lehren und Studiengänge stärker auf die digitale Zukunft auszurichten.

    Das bestätigt auch meine Einschätzung im Artikel: Informatik ist heute weit mehr als „reines Coden“ – es geht um interdisziplinäres Denken, strategische Anwendung und Innovationsfähigkeit. Der Bildungsauftrag der Hochschulen sollte sich daran orientieren.

Interessante Beiträge