Qualitative Forschung in Abschlussarbeiten: Tipps für eure Interviews von Dr. Giulia Bradaran
- Alter: 34 Jahre
- Ausbildung: Bachelor of Science Logopädie, Master of Science Therapiewissenschaften, Promotion in Sozialwissenschaften
- Abschluss: Dr. sc. soc.
- Beruf: Vollzeitselbstständigkeit als Mentorin für akademische Abschlüsse
- Kinder: ja, 2
- Website: drgiuliabradaran.de
- Instagram: https://instagram.com/abschlussarbeit_qualitativ
Marcus: Giulia, du bist Thesis-Mentorin, insbesondere für Abschlussarbeiten, die qualitative Forschung beinhalten. Im Bachelor-Studium ist es sicherlich noch sehr abhängig vom Fachbereich, wie sehr man sich mit Interviews für den Erkenntnisgewinn auseinandersetzt. Aber grundsätzlich: Wann entscheide ich mich denn dafür, Interviews für meine Abschlussarbeit zu nutzen und wann ist der beste Zeitpunkt, um diese zu planen und vorzubereiten?
Giulia: Das kommt immer auf die jeweilige Forschungsfrage an, denn qualitative Arbeiten sind grundsätzlich dann indiziert, wenn es darum geht, erste Erkenntnisse zu einem Themenfeld zu generieren, explorativ an eine Sache ranzugehen. Also anders als bei quantitativen Arbeiten geht es nicht darum Hypothesen zu bestätigen, sondern sie zu entwickeln.
Grundsätzlich ist eine frühzeitige Planung nur von Vorteil, denn Interviewfragen sollten nicht einfach aus dem Bauch heraus entwickelt werden. Es ist wichtig eine Systematik dabei zu haben und eine wissenschaftlich fundierte Vorgehensweise aufzuweisen.
Marcus: Und woher genau weiß ich dann, welche Interviewart für das Thema oder die Zielsetzung meiner Arbeit geeignet ist und wie viele Interviews ich führen sollte?
Giulia: Das kommt ebenso stark auf die Forschungsfrage bzw. die Zielsetzung der Arbeit an.
Geht es zum Beispiel darum Expertenwissen zu generieren, dann eignen sich natürlich Expert:innen. Geht es mehr um biografische Themen, dann eignet sich eher das narrative Interview.
Hier ist die Angemessenheit der Methoden natürlich forschungsfragenabhängig und eine pauschale Antwort lässt sich hier nicht geben.
Marcus: Jetzt weiß ich also, dass ich eine bestimmte Art und Anzahl Interviews für meine Thesis brauche. Leider fehlt mir jegliche Vorstellung, wie ich die Qualität und Verwertbarkeit der Ergebnisse sicherstellen kann. Was darf denn auf jeweils einer Checkliste für eine gute Zielsetzung und eine gute Vorbereitung der Interviews nicht fehlen?
Giulia: Grundsätzlich sind hierbei drei Dinge entscheidend:
- Angemessenheit der Interviewform je nach Forschungsgegenstand: Die Interviewart sollte basierend auf der jeweiligen Zielsetzung erfolgen.
- Theoriebasierte Leitfadenentwicklung: Die Fragen für den Leitfaden sollten in Anlehnung an Literatur erfolgen und der Beantwortung der Foschungsfrage dienen.
- Begründung der Ein- und Ausschlusskriterien der Teilnehmer:innen: Es muss klar werden, wieso Teilnehmer:innen in die Studie integriert oder ausgeschlossen werden.
Einige meiner Mentees zum Beispiel erheben ihre Daten auf der Arbeit selbst und haben schon Kontakt zu Kolleg:innen. Das macht es natürlich einfacher in der Rekrutierung.
Marcus: Offen geblieben sind indes die Protagonisten. Ich möchte Experten, Personengruppen, Unternehmen oder Institutionen für ein Interview anfragen - wie gehe ich am besten vor?
Giulia: Man kann natürlich eine Art Infoschreiben aufsetzen mit den wichtigsten Eckdaten der Studie- also Ziel, Voraussetzungen etc.
Es ist aber auch möglich telefonisch oder per Mail anzufragen. Da kommt es natürlich auch darauf an, wie gut man für das jeweilige Thema vernetzt ist.
Einige meiner Mentees zum Beispiel erheben ihre Daten auf der Arbeit selbst und haben schon Kontakt zu Kolleg:innen. Das macht es natürlich einfacher in der Rekrutierung.
Marcus: Die angefragten Personen möchten sicher auch gerne mehr über das Interview und dessen Verwendung erfahren. Gibt es Informationen oder Unterlagen, welche ich den Interviewpartnern vorher oder nachher unbedingt zukommen lassen sollte oder muss?
Giulia: Hier eignet sich - wie bereits erläutert - eine Art Infoschreiben mit den wichtigsten Daten über die Studie, damit sich potentielle Teilnehmer:innen einen Überblick verschaffen können.
Wichtig ist bei Aufnahmen natürlich immer eine Datenschutzerklärung.
Die Daten sollten pseudonymisiert oder anonymisiert werden, sodass keine Rückschlüsse auf die jeweiligen Personen möglich sind.
Marcus: Wenn ich nun Gespräche, z.B. mit Experten, geführt und aufgezeichnet habe - wie darf ich bei diesen qualitativen Interviews konkrete Inhalte des Gesprächs bzw. Aussagen der Interviewpartner in meiner Arbeit verwenden?
Giulia: Die Daten sollten pseudonymisiert oder anonymisiert werden, sodass keine Rückschlüsse auf die jeweiligen Personen möglich sind.
Bei der Transkription sollten Regeln genutzt werden, die es ermöglichen die Inhalte mittels Inhaltsanalyse zum Beispiel übersichtlich zu identifizieren.
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