Fernstudium & Fernuni

Fernstudium vs. Präsenzstudium: Deshalbe habe ich mich FÜR ein Präsenzstudium entschieden

Ich habe einige Semester an der FernUni Hagen Kulturwissenschaften studiert und werde mein Studium nun an einer ganz normalen Präsenzuni fortsetzen. Warum ich mich dafür entschieden und was für mich alles gegen ein Fernstudium und für ein Präsenzstudium spricht, darauf gehe ich in diesem Beitrag ein.

Kurz zur Info: Wer meine Beiträge hier liest, der weiß sicher, dass ich seit ca. 2003 Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaften in Göttingen, Jena und Berlin studiert habe, schließlich ab ca. 2007 Kulturwissenschaften an der FernUni Hagen. Das Studium habe ich bisher nicht abgeschlossen, nach etwa 15 Hochschulsemestern (davon die Hälfte aber Teilzeit).

Nun habe ich mich dafür entschieden, mein Studium fortzusetzen, zumindest erst einmal probeweise für 1–2 Semester und natürlich als Teilzeitstudium. Nach längerem Überlegen habe ich mich für das WS 2019 an der Uni Erfurt in den Bachelor-Studiengang Geschichtswissenschaft, Nebenfach Management, eingeschrieben.

Aus diesen Gründen habe ich mich trotz Berufstätigkeit gegen ein Fernstudium entschieden:

#1: Arbeitssituation und Sozialkontakte

Ich arbeite seit ca. 10 Jahren selbstständig, also mein gesamtes Berufsleben. Und zwar arbeite ich im Homeoffice (am Stehschreibtisch), überwiegend alleine. Das soll sich zwar in der nächsten Zeit mehr und mehr ändern, in den nächsten Monaten wird das aber so bleiben.

Das heißt einerseits, ich habe derzeit berufbedingt ein gewisses Defizit an Sozialkontakten, das ich mit dem Studium ausgleichen möchte.

Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, mich nach Feierabend weiter im Büro aufzuhalten, egal ob sitzend, stehend oder liegend, um meine Nase für ein paar weitere Stunden in die Studienunterlagen zu stecken oder weiter in den Monitor zu schauen.

Fernstudium schließt sich für mich aus diesem Grund aus.

#2: Networking

Networking ist so eine Sache, die ich über die Jahre meiner Selbstständigkeit mehr oder weniger vernachlässigt habe. Das hat sicher damit zu tun, dass ich dazu tendierte, als Einzelgänger unterwegs zu sein. Als Einzelngänger und One-Man-Army, wie ich sie immer war, kann man sicher jede Menge erreichen und hat auch gewisse Vorteile größeren Teams und Agenturen gegenüber, beispielsweise Agilität und mehr Unabhängigkeit. Aber über einen gewissen Punkt kommt man karrieretechnisch nur hinaus, wenn man im Team arbeitet und vor allem dann, wenn man sich vernetzt.

Das Präsenzstudium ist für mich eine von vielen Möglichkeiten, mich weiter zu vernetzen. Klar, die Kommilitonen werden überwiegend deutlich jünger sein als ich (bin jetzt 38). Aber gerade das macht es interessant, denn Studierende sind ja auch eine wichtige Zielgruppe für fernstudi.net. Das Präsenzstudium bietet mir so eine super Möglichkeit, den Anschluss an diese Zielgruppe nicht zu verlieren. Andererseits werde ich sicher auch Lehrkräfte kennen lernen, die dann mehr in meinem Alter sind.

So einen Networking-Effekt hätte ich im Fernstudium nicht. Klar, es gibt Facebook-Gruppen, Onlinecampus, gelegentliche Präsenzveranstaltungen usw. Aber jemanden physisch kennen zu lernen, mit Leuten intensiv offline über ein oder mehrere Semester mehrmals die Woche zusammenzuarbeiten, das ist doch was anderes als die Zusammenarbeit über Foren, Chats & Co.

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#3: Seminare, Sprachkurse etc.

Seminare sind so eine Sache, die habe ich in meinen früheren Studiensemestern immer gehasst. Das lag daran, dass ich damals extrem schüchtern war. Referate waren die absolute Qual für mich, und selbst Gruppenarbeiten haben mich damals enorm angestrengt. Letztendlich habe ich jede Menge Seminare einfach abgebrochen und entsprechend die Scheine nicht gemacht, weil ich Schiss hatte vor den Referaten und weil ich es nicht hinbekommen, im Seminar aktiv mitzuarbeiten.

Heute bin ich nicht mehr schüchtern. Und insbesondere durch die Weiterbildung am IST-Studieninstitut, die ich derzeit mache, habe ich gemerkt, wie viel wichtiger Seminare für mich sind, als einfach nur in Studienheften zu lesen. Durch Austausch und Diskussion lerne ich sehr viel besser als einfach nur durch Texte.

Wer unseren Youtube-Channel fernstudi.tv kennt, hat mich ja sicher auch die letzten Monate vor der Kamera verfolgt. Da kann man schön sehen, wie schnell sich das entwickeln kann, vor einer (wenn auch irgendwie fiktiven) Gruppe zu reden. Mittlerweile macht mir das richtig Spaß, vor der Kamera zu stehen und zu reden und zu präsentieren. Und mit meiner Coaching-Weiterbildung möchte ich mich ja auch in Richtung Lehre bewegen.

Vor allem durch die Arbeit vor der Kamera merke ich, wie wichtig es ist, über fachliche Inhalte auch zu reden, statt nur zu schreiben. Durchs Reden merke ich immer ziemlich schnell, wenn ich etwas nicht verstanden habe.

Von den Seminaren abgesehen, die ich in dem Maß nicht im Fernstudium hätte, kann ich an der Uni auch ein paar Kurse belegen, die es im Fernstudium eher selten gibt: Sprecherziehung beispielsweise, Sprachkurse, Rhetorikkurse usw.

#4: Weil ich es mir leisten kann

Natürlich habe ich mich für ein Präsenzstudium auch entschieden, weil ich es mir leisten kann. Und damit meine ich nicht finanziell, denn teuer wird das nicht. Ich zahle für das kommende Semester ca. 250,– Euro an Studienbeiträgen, ab übernächstem Semester werden noch 250,– Euro an Langzeitstudiengebühren dazu kommen. Bisschen Sprit muss ich auch löhnen, denn ich fahre etwa 30 Minuten zur Uni. All das kann ich natürlich steuerlich geltend machen, ist schließlich noch mein Erststudium.

Was ich eher meine: Ich kann es mir zeitlich leisten. Ich bin selbstständig und habe sehr flexible Arbeitszeiten. Sicher, ich habe feste Bürozeiten, zu denen ich auch anwesend sein sollte, weil da beispielsweise viele Supportanfragen usw. reinkommen. Aber an sich ist es zeitlich kein Problem für mich, ein zwei Mal die Woche an die Uni zu fahren, zumal die Veranstaltungen ja immer nur während der Vorlesungszeit stattfinden, also 3 Monate am Stück.

Außerdem will ich es mir einfach leisten, ein geisteswissenschaftliches Fach wie Geschichtswissenschaft zu studieren, das mir karrieretechnisch auf den ersten Blick wenig bringt. Das heißt, dass ich die Zeit für dieses Fach überwiegend aus purem Interesse, aus Neugier aufbringe. Management als Nebenfach bringt mir da natürlich sehr viel mehr.

Weshalb und was ich dennoch fernstudieren werde

Natürlich bleibe ich dem Thema Fernstudium weiterhin treu, nicht nur beruflich. Ich habe sogar vor, mehr denn je fernzustudieren. Zum einen natürlich in Form von berufsbegleitender Weiterbildung. Meine Weiterbildung zum Stress- und Mentalcoach habe ich bald abgeschlossen.

Im Anschluss, das überlege ich derzeit, möchte ich diesen Weg weiter gehen, in gemächlichem Tempo. Denkbar sind für mich derzeit Weiterbildungen zum Personal Trainer bzw. Fitnesstrainer, zum Ernährungsberater und zum Business Coach. Das passt perfekt in mein Leben rein, der Aufwand für Fernkurs-Weiterbildungen dieser Art ist überschaubar und nicht annähernd so hoch wie der für ein Bachelor-/Master-Fernstudium. Hier gilt für mich allerdings: Eines nach dem Anderen.

Denkbar für mich ist auch, Hochschulzertifikatskurse im Fernstudium zu absolvieren. Die kann man ja an verschiedenen Hochschulen belegen, beispielsweise an der Euro-FH, an der AKAD University und an der Hochschule Fresenius. Kann mir gut vorstellen, den ein oder anderen Kurs im Bereich Management zu machen, um die Studienzeit meines Präsenzstudium etwas zu verkürzen. Da werde ich aber erst prüfen, inwieweit ich einzelne Scheine dann an meiner Uni anerkennen lassen könnte.

Fazit: Für wen eignet sich ein Fernstudium eher?

Zum Schluss will ich noch einmal betonen, dass ich hier niemandem seine Entscheidung für eine Studienform abnehmen kann und will. Ich beschreibe hier nur, warum ich selbst mich für ein Präsenzstudium entschieden habe. Dennoch einige Anhaltspunkte dazu, für wen ein Fernstudium eher geeignet sein könnte:

  • Ihr habt von Berufs wegen kein Defizit an Sozialleben, habt vielleicht sogar Familie und Kinder, und das Fernstudium ist für euch 'ne super Möglichkeit, mal 1–2 Stunden am Tag eine Insel zu schaffen, die nur euch und eurer Lernarbeit gehört.
  • Ihr seid beruflich nicht so flexibel wie ich und könnt eure Arbeitszeiten nicht so frei gestalten, wollt aber trotzdem studieren.
  • Networking ist für euch nicht so wichtig, weil ihr beispielsweise fest angestellt seid und kein Netzwerk braucht, um die Karriere voranzutreiben.
  • Ihr könnt euch gut selbst motivieren und braucht nicht zwangsläufig eine Offline-Gruppe, um voranzukommen.
  • Ihr lest sehr gerne und sehr viel und könntet eure Bücher auch einfach gegen Studienhefte austauschen.
  • Vielleicht habt ihr auch gar keine Uni oder FH in eurer Nähe und hättet so gar nicht die Möglichkeit, ein Präsenzstudium zu absolvieren.
  • Ihr wollt einfach schneller und effizienter studieren, ohne die ganzen zeitfressenden Vorlesungen und vorlesungsfreien Zeiten studieren.

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