Beruf & Karriere

Fernstudium Bildungswissenschaft: Interview mit einer Hagener Fernstudentin

Heute gibt es mal ein kleines Interview mit Sabine, die Bildungswissenschaft an der FernUni studiert.

sabine 9c8a8Hallo Sabine, freut mich, dass Du Dich zu einem kleinen Interview bereit erklärt hast. Du studierst Bildungswissenschaft an der FernUni Hagen. Seit wann und in welchem Semester?

Hallo Christian, gerne :-). Ich studiere seit WS 07/08 und im April beginnt das 6. Semester. Wegen eines Unfalls im Herbst musste ich allerdings dieses Semester aussetzen, so dass ich erst im kommenden WS mit dem B.A. fertig werde.

Oh, Du hast Dich hoffentlich wieder voll erholt. Studierst Du neben dem Beruf?

Nein, ich habe das große Glück, letztes Jahr ein Stipendium bekommen zu haben. Vorher bezog ich die ersten beiden Semester Bafög. Ich jobbe noch nebenbei, aber ein großer Teil meiner festen Kosten ist über das Stipendium gesichert.

Ein Stipendium, interessant. Dürfen unsere Leser wissen, wer das vergeben hat und wie Du dazu gekommen bist?

Ja natürlich. Es handelt sich um ein Aufstiegsstipendium, vergeben über die Stiftung Begabtenförderung des BMBF – eines der wenigen, das keine Altersgrenze bei 30 hat. Erfahren davon habe ich im Moodle-Cafe, dann folgte ein drei-stufiges Auswahlverfahren und am Ende war ich bei den Glücklichen. Auf meiner Community habe ich einen ausführlichen Bericht und weitere Informationen darüber: www.sieseco.de. Ich kann jedem, der vom Personenkreis her in Frage kommt, nur raten, sich zu bewerben.

Wie kam es zu Deiner Entscheidung, an der FernUni Bildungswissenschaft zu studieren? Oder anders gefragt: Wie kam über überhaupt zur Entscheidung für ein Fernstudium und nicht zu einem Präsenzstudium?

Bildungswissenschaft  aus meiner eigenen Biografie heraus, ich möchte in die Forschung und auch in der Bildungspolitik etwas bewegen, da liegt bei uns einiges im Argen. Fernuni : Zunächst weil noch nicht gleich klar war, ob ich BAföG-berechtigt bin. Außerdem habe ich während meines Fernabiturs gemerkt, dass mir das selbstorganisierte Lernen liegt und für mich genau das Richtige ist. Inzwischen könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, nach einem vorgegebenen Stundenplan zu studieren.

Der Abschluss Deines Studiengangs ist ein Bachelor of Arts. Wie wichtig ist Dir Dein Abschluss?

Sehr wichtig. Ich werde auch anschließend mit dem Master „eEducation Bildung und Medien“ weiter machen und dann promovieren. Erst dann ist für mich persönlich das Studium abgeschlossen.

Respekt, bis zur Promotion ist es ein harter und steiniger Weg. Gibt es schon Themen, die Dich besonders interessieren und von denen Du denkst, dass sie Dich weiter beschäftigen werden, vielleicht auch als Promotionsthema?

Naja, bis zur Rente in einem Job der nur dem Überleben dient arbeiten, fände ich persönlich härter und steiniger :-). Ja, ich werde beim Thema Zweiter Bildungsweg „älterer“ Erwachsener bleiben. Zusammenhänge zwischen den Möglichkeiten von Online-Communities und Weiterbildungsbereitschaft im Bereich Zweiter Bildungsweg herausarbeiten. Herausfinden, ob  Web 2.0 Communities in Verbindung mit Onlineangeboten soziale und gesellschaftliche Barrieren (echte und solche im Kopf) reduzieren können … etwas in diese Richtung wird es werden.

Wie stark ist eigentlich Dein Kontakt zu Deinen Kommilitonen?

Eher qualitativ als quantitativ stark. Es gibt modulweise Lernumgebungen in Moodle, ein Moodle-Studiencafé, das studiengangsübergreifend ist  und außerdem Präsenzveranstaltungen und für die ersten Semester Mentorenveranstaltungen. Online ist der Austausch in diesem Studiengang ebenfalls sehr rege und inzwischen „kennt man sich“ ganz gut. Aus all diesen Möglichkeiten haben sich über das Studium hinweg etwa 4 bis 5 engere Kontakte gebildet, die ich regelmäßig pflege und viele lockere, die kommen und gehen ?

Organisiert Ihr Euch in Lerngruppen?

Ich selber bin kein Typ für Lerngruppen. Aber sehr viele tun das, sowohl real als auch in virtuellen Gruppen (es gibt ein virtuelles Klassenzimmer mit vielen Möglichkeiten). Ich weiß auch von virtuellen Gruppen, die sehr lange zusammenbleiben.

Ihr nutzt sicher auch Moodle als Lernumgebung. Was ist Deine Meinung zu Moodle? Ist es effektiv und die richtige Software, um Kurse zu organisieren?

Ich kenne nur Moodle. Zusammen mit Adobe Connect deckt es meiner Ansicht nach alles ab, was notwendig ist. Und ich habe gehört, dass wir da auch noch lange nicht  alle Möglichkeiten ausnutzen, die Moodle bieten würde. Im Master werde ich mich mit der Software intensiver beschäftigen und Moodle evt. auch in die Community einbinden.

Ok, zu Deiner Community, die Du sicher meinst, kommen wir gleich. Vorher noch mal kurz zur FernUni: Gibt es etwas im Studium, das Dir fehlt, das so nicht von der (Fern-)Uni vermittelt wird oder das generell zu kurz an der FernUni kommt?

Nein, ehrlich gesagt überhaupt nichts. Gut, jetzt vor der B.A. Arbeit wäre es schon mal nett, einfach mal bei einem Professor vorbeischaun zu können, um zu planen. Andererseits geht das so „einfach“ an einer Präsenzuni ja auch nicht immer und es gibt im Grunde nichts, was sich nicht auch telefonisch oder per E-Mail besprechen lässt. Kürzlich war „Abschlussfeier und Ehrung“ ein Thema im Moodle-Café. Sowas gibt es wohl bisher nicht – das würde mir schon fehlen, wenn irgendwann dann „einfach so“ Schluß wäre und die Urkunde nur per Post käme.

Im Fachbereich Bildungswissenschaft der FernUni wird stark auf neue Medien und das so genannte Web 2.0 gesetzt, das ist mein Eindruck. Was für Elemente des Web 2.0 (Blogs, Foren, Netzwerke etc.) nutzt Du für Dein Studium und warum?

Ich nutze regelmäßig diverse Foren um mich mit anderen auszutauschen, Ratschläge für Neue oder Interessierte zu geben und über Neuerungen und Angebote auf dem Laufenden zu sein. Netzwerke wie Xing, Facebook und Twitter nutze ich vor allem für die Community, die über Blogsoftware aufgebaut ist. Außerdem nutze ich einen weiteren Blog als Lerntagebuch. Grundsätzlich schätze ich die Kommunikationsmöglichkeit, dass eben Web-Angebote nicht mehr One-Way sind, sondern jeder die Möglichkeit hat, sich zu äußern, zu beteiligen, selbst aktiv zu werden … – das ist für mich Web 2.0.

Findest Du, dass es ein Fernstudium unterstützen kann, wenn man darüber bloggt?

Jedes  Lernen wird unterstützt, wenn man darüber reflektiert – ob nun handschriftlich im Tagebuch, am PC für sich alleine oder im Blog. Blogs bieten die Möglichkeit, andere an der eigenen Suche nach Lernstrategien teilhaben zu lassen und in den Blogs anderer gute Tips zu bekommen. So muss nicht jeder das Rad neu erfinden ?. Wobei hier aber letztlich jeder seinen persönlichen Stil und Lernstrategie-Mix finden muss.  Das Wichtige dabei ist meiner Ansicht nach das Reflektieren des Lernens.

Ja, das Reflektieren und Feeback-Einholen mag ich auch so an Blogs. Reflektieren könnte man ja auch auf dem Papier, aber Feedback macht erst ein Blog möglich. Nun zu Deiner Community: Du hast die Sieseco Selbstlerner Community ins Leben gerufen. Möchtest Du sie kurz vorstellen?

Ja – sehr gerne ? denn sie, bzw. ihr Anliegen, liegt mir sehr am Herzen und wird mich als Projekt auch in den Master und hoffentlich weit darüber hinaus begleiten:

Die Community hat das Ziel, Öffentlichkeit und Unterstützung für Lernende des Zweiten und Dritten Bildungswegs zu schaffen, also beim Nachholen von Schulabschlüssen und Studiengängen.

Zielgruppe sind schwerpunktmäßig Menschen Ü30, die aus den meisten Förderprogrammen herausfallen und somit mit besonderen Barrieren zu kämpfen haben. Ziel der Community ist, auf diesem Weg Menschen zu erreichen, die noch „vor“ diesem Schritt stehen und Ihnen aufzuzeigen, dass es machbar ist und sich lohnt, auch Ü30-Bildung nicht auf berufliche Weiterbildung und Volkshochschulkurse zu reduzieren.

Jedes registrierte Mitglied kann eigene Artikel zum Thema veröffentlichen und seit Kurzem gibt es auch ein Forum, um sich individuell in thematischen Gruppen oder über allgemeine Themen auszutauschen und zu unterstützen.

Außerdem veröffentlichen wir regelmäßig

  • ein Bildungsvideo der Woche zu einem Schwerpunktthema
  • aktuelle Bildungslinks
  • Bildungs-Biografien: Erfolgsgeschichten jenseits der Normalbiografie
  • Videos, Präsentationen und
  • Artikel die sich mit Lernen,Lerntechniken, Förderung und Bildungspolitik
  • beschäftigen.

Für unsere Leser: Siemsens Selbstlerner Community findet sich im Netz unter http://www.sieseco.de/. Was ist Deine Meinung zu sozialen Netzwerken?  Kann ein Netzwerk wie XING oder Facebook ein Fernstudium unterstützen.

Kontakte und Netzwerke sind immens wichtig – vor allem in ihrer motivationalen und informativen Komponente.  Ideal am Web 2.0 ist m. E., dass man hier flexibler ist (nicht an feste Zeiten und Orte gebunden) und  viel, viel leichter und mit viel größerer Trefferquote  Menschen mit ähnlichen Interessen, wichtigen Informationen u.ä. findet, als  wenn man sich „real“ auf die Suche macht. Außerdem bin ich der Ansicht, das wird noch Thema mehrerer Studienarbeiten sein, dass es gerade für den Personenkreis „etwas älter“ und  „lange und/oder weit weg vom Lernen und dem Thema Bildung“ wesentlich einfacher ist, den ersten Schritt zu tun und  sich begeistern zu lassen.  Man kann erstmal mitlesen, rein“hören“ ohne Druck (und sei es nur von sich selbst) etwas Kluges beitragen zu müssen.  Auch soziale Barrieren wie  „bin ich richtig gekleidet“,  „kann ich es mir leisten mit zum  Kaffeetrinken, Essen, Kino…. etc. zu gehen“  fallen weg u.v.ä.m.

Hier liegen meiner Ansicht nach noch enorme Potentiale brach, wie über das Web 2.0 auch bildungsfernere Gruppen erreicht und zum Lernen motiviert und beim Lernen unterstützt werden können.

„Gefährlich“ ist die Möglichkeit des „sich Verzettelns“ – wenn ich mir da die komischen „Farmville“ Sachen in Facebook und Ähnliches betrachte … andererseits ist die Gefahr bei anderen Hobbys auch gegeben ? und Kompetenz im Umgang mit Social Media ist ein wichtiges Thema, das leider an Schulen und auch in der Weiterbildung noch zu kurz kommt. Da wird meines Erachtens nach zu leicht von „PC und Internetanschluss besitzen“ auch auf Kompetenz im Umgang mit Social Media geschlossen  - und dem ist halt nicht zwangsläufig so.

Interessante Ansichten, Dein Fach Bildungswissenschaft interessiert mich doch aus sehr. Beim Verzetteln stimme ich Dir auch zu, das ist ebenso eine Gefahr wie z. B. Datenschutzprobleme. Siehst Du da auch die Bildungswissenschaft in der Verantwortung, Konzepte zu entwickeln, mit denen mehr Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien vermittelt wird?

Ja, auf Fälle. Der Bildungsbegriff der Zukunft wird nicht ohne Medienkompetenz auskommen. Ich sehe hierin aber weniger ein „eigenes Fach“, als eine nötige Erweiterung aller Lernbereiche um den Aspekt Informationssuche und –bereitstellung im Netz. Und gerade beim Thema Datenschutz finde ich es wichtig, Sensibilität zu entwickeln, was aber m. E. nach einfach heißt, sich der Verantwortung im Bereich Daten-Veröffentlichen bewußt sein und nicht übertriebene Panikmache, was man aktuell auch oft vorfindet und mehr schadet als hilft – meine Meinung ?

Letzte Frage: Gib unseren Lesern doch noch Deinen ultimativen Fernstudium-Tipp mit auf den Weg. Was rätst Du denen, deren Studier-Motivation gerade einen Tiefpunkt erreicht hat?

Sich daran erinnern, wieso man damit angefangen hat und was man damit erreichen möchte.  Und sich bewusst machen, wie groß die Freiheit und Flexibilität ist, die man durch ein Fernstudium genießt und diese ganz bewusst gestalten und nutzen.

Das hilft sicher auch mir weiter :) Ich danke Dir für das Interview und wünsche Dir viel Studier-Erfolg weiterhin!

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